Manuel Neuer, der Achsenmeister: Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Thomas Müller als Erfolgsrezept beim FC Bayern

Manchester - Ganz vorsichtig, ja schüchtern, machte André Onana auf sich aufmerksam und fragte den mehrmaligen Welttorhüter, ob er an ihm vorbeikönne. Die Mikrofone der TV-Teams waren sämtlich auf Manuel Neuer gerichtet und versperrten dem Torwart von Manchester United den Weg zum Ausgang aus der Mixed Zone und damit aus dem Stadion. Neuer machte einen Schritt zurück und ließ einen Gegenspieler an sich vorbei, freundlich lächelnd.
Der FC Bayern siegt bei Manchester United: Manuel Neuer souverän, weil kaum geprüft
Husch, husch war Onana davon. Diese Bühne gehörte dem Weltmeister von 2014, der soeben sein erstes Champions-League-Auswärtsspiel seit September letzten Jahres bestritten hatte. Auf den Tag genau 368 Tage nach seinem so verhängnisvollen Skiunfall, bei dem er sich das linke Schien- und Wadenbein gebrochen hatte. Es sei "ganz besonders hier im Old Trafford zu spielen", sagte Neuer – unabhängig von seinem Comeback. Er war ohne Gegentor geblieben, konnte allerdings auch kaum anspruchsvolle Paraden zeigen – zu lau war das Sturmlüftchen der Gastgeber.
Torhüter zeigen gerne, was sie können. Sie wollen beschäftigt werden, aber bitteschön nicht derart überrumpelt wie am Samstag beim 1:5 der Bayern bei Eintracht Frankfurt. "Wir waren alle sehr sauer – auf uns und unsere Leistung", versicherte Neuer. Der Beweistermin im Theater der Träume ließ keine Wünsche offen. "Wir haben viel investiert dafür, dass wir einen verdienten Sieg einfahren konnten", sagte der 37-Jährige zufrieden, "wir sind in jeden Zweikampf gegangen, waren wach und konzentriert. Wir haben defensiv eine Topleistung gezeigt."
Manuel Neuer: "Wenn wir so beherzt spielen wie hier, können wir weit kommen"
War ja auch an der Zeit. Obwohl: Abgesehen vom Frankfurt-Fiasko haben die Bayern in den letzten vier Pflichtspielen drei Mal zu null gespielt. In der Champions-League-Vorrunde machte Neuers Stellvertreter und Kumpel Sven Ulreich die ersten drei Partien, Neuer die letzten drei. "Wir sind verdient durch die Gruppenphase durchgegangen, können uns auf die K.o.-Phase freuen." Die Auslosung des Achtelfinals findet am Montagmittag statt.
"Dann hängt viel von der Tagesform ab", betonte Neuer, der sich jedoch sicher ist: "Wenn wir so beherzt spielen wie hier und nicht denken, dass es von alleine geht, können wir weit kommen." Bei "Prime Video" äußerte sich Neuer noch forscher: "Wir können alles erreichen. Es liegt an uns. Mit unseren Voraussetzungen können wir auf jeden Fall eine Mannschaft sein, die um den Titel mitspielt."
Manuel Neuer lobt Führungsspieler Joshua Kimmich, Leon Goretzka – und Thomas Müller
Weil bei United die Achse stabil blieb und nicht wie in Frankfurt auseinanderbrach. Kapitän Neuer referierte und nannte die Führungsspieler von sich aus beim Namen: "Wir hatten eine stabile Achse auf dem Platz. Die Innenverteidiger haben ihre Duelle gewonnen, Jo und Leon (Kimmich und Goretzka, d.Red.) im Mittelfeld sehr viel Verantwortung übernommen, der Jo hat wieder eine Top-Leistung gezeigt, dann kann man ihn auch mal loben."
Neuer lächelte und fuhr fort bei seiner Achsen-Definition mit Müller und Torjäger Kane. "Später kam Thomas rein, auf dem Platz und außerhalb ein wichtiger Spieler für uns. Er hat immer seine Rolle. Und vorne steht Harry mit seinen Toren für sich. Wichtig ist, dass wir viel sprechen und kommunizieren – von hinten nach vorne und von innen nach außen. Das hat sehr gut funktioniert, mit einem ganz anderen Stil und Auftreten als in Frankfurt."
700. Pflichtspiel: Manuel Neuer freut sich und warnt vor dem VfB Stuttgart
Kritik an den Führungsspieler "können wir ab", meinte Neuer lässig und sagte angesichts seines 700. Pflichtspiels auf Vereinsebene (497 für Bayern, 203 für Schalke): "Das wusste ich nicht. Eine tolle Marke, aber es geht immer weiter." Ganz im Sinne von Ex-Torhüter Oliver Kahn und zwar schon am Sonntag (19.30 Uhr, DAZN und im AZ-Liveticker) gegen den VfB Stuttgart, den Überraschungsdritten.
"Sie haben einfach das Momentum, hatten einen guten Start und haben das dann fortgesetzt", analysierte Neuer, "ein sehr gutes Team, das sehr gut zusammengewachsen ist. Mit einem Top-Trainer." Sebastian Hoeneß, der gebürtige Münchner (41), der Sohn von Dieter und Neffe von Ehrenpräsident Uli Hoeneß. Fazit Neuer: "Dem VfB ist viel zuzutrauen, ein sehr ernstzunehmender Gegner."