Mandzukic fällt aus: "Wir haben andere Gute"
Mario Mandzukic, der Torschütze von Turin, fehlt den Bayern wegen Gelbsperre im Halbfinale. Franz Beckenbauer findet: „Er war der Auffälligste von allen!“
Turin - Zu beneiden war Mario Mandzukic an diesem Abend nicht. Erstens wegen seines Gegenspielers Giorgio Chiellini, der ihm im Verlauf der Partie vier Mal den Ellbogen ins Gesicht rammte. Und zweitens wegen des Mannes, der diese Unsportlichkeiten eigentlich ahnden sollte: Carlos Velasco Carballo, ein 41-jähriger Ingenieur aus Madrid, Angestellter des texanischen Unternehmens Fluor Corporation, und im Nebenberuf: Schiedsrichter. Einer von der zeigefreudigen Sorte: In 163 Spielen der spanischen Liga verteilte er 925 gelbe, 49 gelbrote und 31 rote Karten, im Vorjahr in fünf Champions-League-Spielen 27 gelbe Karten - und nach sieben Minuten eine für Mandzukic: Aus der Traum vom Halbfinale!
Doch Mandzukic, der Erfinder des Ein-Mann-Pressings, machte einfach weiter, rackerte wie gewohnt, ließ sich nicht vom Raubein Chiellini provozieren, sondern erzielte auch noch das entscheidende 1:0 in der 64. Minute. Genau die richtige Antwort auf die Attacken Chiellinis und die Unfähigkeit Carballos.“Zuschauen ist immer schwer“, sagte Mandzukic nach dem Schluss mit Blick auf das erste Halbfinale, „aber wir haben auch andere Gute, die mich ersetzen werden.“
Immer diese Spanier! Zur allgemeinen Verwunderung hatte es den herrschenden Fußballverbänden gefallen, Carballo für das Viertelfinal-Rückspiel der Bayern gegen Juventus Turin zu besetzen, obwohl als möglicher Gegner ein spanisches Team warten könnte und die Bayern mit vier gelb vorbelasteten Spielern in Turin antrat. „Sky“-Experte Franz Beckenbauer hatte sich vor der Partie über die Schiedsrichteransetzung gewundert: „Ich kenne mich in der FIFA und in der UEFA aus. Ich weiß, wie was gemacht wird. Ich verstehe das nicht. Es ist so, dass sowohl bei der FIFA als auch bei der UEFA derjenige, der für die Schiedsrichter zuständig ist, auch ein Spanier ist. Ich sage: Der Schiedsrichter spielt heute eine entscheidende Rolle."
Er sollte Recht behalten: Zu keinem Zeitpunkt vermochte der Spanier das überharte Einsteigen der Gastgeber zu unterbinden. Wildeste Grätschen der Turiner blieben ohne Bestrafung. Die Bayern haben mit Carballo schon einmal negative Erfahrungen gemacht: 2012, ebenfalls im Viertelfinale, wurden in Marseille (2:0) fünf Münchner verwarnt, darunter Philipp Lahm und Toni Kroos für mäßig böswillige Fouls. Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hatte damals unmittelbar nach dem Spiel die UEFA aufgefordert, ihre Schiedsrichter-Ansetzungen zu überdenken, da die Referees nicht mit einheitlichem Maß pfeifen würden.
Mandzukic nutzt all das nichts mehr: Er wird im Halbfinal-Hinspiel fehlen. Ein herber Verlust. Sein Ansehen im Team ist groß. „Er war der Auffälligste von allen“, sagte Franz Beckenbauer über Manzukics Leistung in Turin. „Wenn ich sehe, wie Mario 20 Meter vor uns grätscht, würde ich am liebsten zu ihm laufen und ihm einen Kuss geben“, sagte kürzlich Daniel Van Buyten. Auch Sportvorstand Matthias Sammer lobte nach dem 2:0 im Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Juventus Turin die Speerspitze der Bayern-Abwehr: „Wie Mario gegen den Ball spielt, ist außergewöhnlich. Er hat wie ein Tier gearbeitet.“ Jupp Heynckes hat Mandzukic mittlerweile zum Cup-Stürmer auserkoren, für Champions League und DFB-Pokal. Wenn es wichtig wird, eng und kompliziert, dann stürmt Mandzukic. Nun müssen andere ran.