Manager gefunden: Nerlinger, der kleine Hoeneß

Am 1. Juli 2008 wurde Christian Nerlinger neuer Teammanager beim FC Bayern. Seitdem legte er einen geräuschlosen Aufstieg hin, er ist der einzige Gewinner im Klinsmann-Chaos und könnte Hoeneß beerben.
von  Abendzeitung
Der Manager und sein Nachfolger? Uli Hoeneß mit Christian Nerlinger.
Der Manager und sein Nachfolger? Uli Hoeneß mit Christian Nerlinger. © sampics/Augenklick

MÜNCHEN - Am 1. Juli 2008 wurde Christian Nerlinger neuer Teammanager beim FC Bayern. Seitdem legte er einen geräuschlosen Aufstieg hin, er ist der einzige Gewinner im Klinsmann-Chaos und könnte Hoeneß beerben.

Wahrscheinlich war es Zufall, wer weiß das schon in diesen bewegten Tagen? Als Jürgen Klinsmann am Montag nach seiner Entlassung das Gelände verlassen wollte und sich eine gewaltige Reporterschar vor der Tiefgarage aufgebaut hatte, öffnete sich das Tor zunächst für einen anderen: Christian Nerlinger bog gerade von der Säbener Straße ein. Ein Bild mit Symbolcharakter: Klinsmann geht, Nerlinger kommt.

Der 36-Jährige ist einer der Gewinner beim FC Bayern - in einer Saison, in der es nicht mehr viel zu gewinnen gibt für den Meister. Heimlich, still und leise hat sich Nerlinger zu einem „big player“ im Klub gemausert. War bei der Krisensitzung dabei, in der der Daumen über Klinsmann gesenkt wurde. Stellte Jupp Heynckes das Trainingsgelände vor. Und steht laut „kicker“ als Hoeneß-Nachfolger fest, zumindest, was den sportlichen Teil des Manager-Jobs angeht.

Der Aufstieg Nerlingers ging geräuschlos vonstatten. Schon in seiner aktiven Zeit galt der Mittelfeldrackerer als ruhig, zurückhaltend, bodenständig. Nur eine gelbrote Karte in 224 Bundesligaspielen. Kernige Zitate? Fehlanzeige. Nur als er sich bei Bayern seinen Stammplatz zurückerobert hatte, ließ er sich zu einem beinahe kritischen Satz hinreißen: „Wenn es heißt, wir haben lauter Zauberer, dann wird auch irgendwann einer für die Drecksarbeit gebraucht.

Die Zeiten im Dreck sind vorbei. Nach vielen Verletzungen endete seine Profilaufbahn (FC Bayern, Dortmund, Glasgow Rangers, Kaiserslautern) vor dreieinhalb Jahren nach zwei Operationen am Großzehen-Grundgelenk. Letztes Bundesligaspiel: 5. November 2005. 0:3 bei Hertha, Gelbe Karte kassiert, zur Halbzeit ausgewechselt worden. Sechs Wochen später war Schluss. Da war Nerlinger erst 32. Er begann ein BWL-Studium an der privaten Munich Business School, legte ein Auslandssemester in Bozen ein, zum Italienisch-Lernen.

Als im vergangenen Jahr der große Umbruch mit Klinsmann anstand, war Nerlinger plötzlich Teammanager. Ein neu geschaffener Posten, Bindeglied zwischen Mannschaft, Trainer und Vorstand. Uli Hoeneß schwärmte: „Er passt perfekt ins Gesamtkonzept.“ Spekulationen, Nerlinger könne ihm nachfolgen, beschied Hoeneß abschlägig: „Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Das ist eine ganz andere Position.

Das ist lange her. Nerlinger, 13 Jahre Spieler bei Bayern, ist in den Augen der Bosse ein Typ, dem „Laptop und Lederhose“ bestens stehen. Einer, der für Bodenständigkeit und Erneuerung zugleich steht. Der als intelligent und loyal gilt, dessen Wort Gewicht hat, der aber nicht in Gefahr steht, deswegen abzuheben. Ein pflegeleichter Manager, auf den man auch als Präsident noch einwirken könnte.

Thomas Becker

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