Magath im AZ-Interview: "Bayern ist Meister, wenn..."
AZ: Herr Magath, am Freitag startet die Bundesliga-Rückrunde mit dem Duell VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern. Also Zweiter gegen Erster. Kann der VfL den Bayern deren erste Niederlage der Saison zufügen?
FELIX MAGATH: Natürlich. Die Wolfsburger haben die Chance, die Liga mit einem Sieg wieder spannend zu machen.
Zumindest etwas. Denn aktuell haben die Bayern satte elf Punkte Vorsprung auf ihren Verfolger Nummer eins.
Selbstverständlich ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass Bayern sich den Titel noch nehmen lässt – selbst bei einem Wolfsburger Erfolg. Abgesehen vom VfL kann in dieser Saison kein Team annähernd an die Bayern herankommen, wenn überhaupt könnte sie nur Wolfsburg gefährden. Sie sind Zweiter der Tabelle – und das nicht glücklich, sondern deutlich und völlig verdient.
Ein Champions-League-Platz dürfte bei diesem Kader dank des großen Etats inklusive der Ausgangslage für die Wölfe diesmal Pflicht sein, oder?
Ich würde mich doch sehr wundern, wenn sie aus den Rängen zwei bis vier noch herausrutschen. Das heutige Team von Trainer Dieter Hecking ist nach und nach gewachsen. Der VfL hat nach dem FC Bayern auch am meisten in Neuzugänge investiert. Benaglio und Naldo geben der Defensive Stabilität, sind sehr erfahren. Im Mittelfeld haben sie mit Luiz Gustavo und Kevin de Bruyne zwei Spitzenfußballer, vorne wirbelt immer noch Ivica Olic. Er ist trotz seines fortgeschrittenen Alters ein Top-Torjäger, leider oft verletzt, nimmt aber eine wichtige Rolle im Team ein. Kurz: Man ist auf dem Weg ganz nach oben.
Wie sehr belastet der Tod von Junior Malanda den gesamten Verein? Wie wird die Mannschaft damit fertig?
Das kann ich nicht sagen. So etwas habe ich zum Glück in meiner Laufbahn noch nicht erleben müssen. Natürlich ist dieser tragische Unfalltod eine enorme Belastung für die Mannschaft. Immerhin hatten die Wolfsburger nun ein paar Wochen Zeit, alles zu verarbeiten. Wie gut es gelungen ist, kann niemand wissen.
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Und die Bayern? Die Bundesliga sollte ebenfalls eine reine Pflichtnummer sein, man könnte höchstens neue Rekorde aufstellen.
Wenn Bayern am Freitag gewinnt, ist das Buch Meisterschaft zu.
Wird das zweite Jahr von Pep Guardiola noch erfolgreicher als die Premieren-Saison? Wird aus dem Double 2014 in diesem Jahr das Triple?
Gut möglich. Guardiola müsste weiter sein als in der letzten Saison. Trainer und Mannschaft müssen sich immer erst finden und gemeinsam entwickeln. Das hat man ja auch an der deutschen Nationalelf mit Bundestrainer Joachim Löw gesehen. In der Endphase der Champions-League geht es um Details, um Kleinigkeiten, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Bayern hätte schon letztes Jahr den Pott holen können, scheiterte aber an Real Madrid. Dieses Jahr haben sie es drin, ganz klar. Aber es geht auf dem allerhöchsten Niveau am Ende um die Tagesform und Nuancen an Fortschritten.
Welche Vereine packen neben den Bayern und den Wolfsburgern die Qualifikation für die Champions League?
Platz vier reicht ja auch. Es wäre gut für die Bundesliga, wenn erneut ein vierter Klub in die Gruppenphase kommt. Die Anwärter heißen Leverkusen, Gladbach, Schalke. Bemerkenswert, dass keine dieser Mannschaften in der Hinrunde wirklich konstant war. Man muss auch den FC Augsburg zu den Klubs mit Chancen zählen. Die Augsburger mögen mir verzeihen, aber so richtig vorstellen kann ich sie mir nicht in der Champions League. Aber sie haben es sehr gut gemacht in der Hinrunde.
Und was ist mit Borussia Dortmund? Kann die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp noch von Rang 17 aus in die Königsklasse durchstarten?
Eins steht fest: Mit dem Abstieg haben die Dortmunder nichts zu tun. Dafür ist der Verein zu groß und stark, das Team auch zu gut. Im ersten Rückrundenspiel geht es nach Leverkusen, das ist ein Duell zweier Champions-League-Teams. Und eine große Chance für den BVB.
Ein Knackpunkt-Spiel.
Wenn die Dortmunder dieses Spiel gewinnen, können sie durchstarten. Als Trainer muss Jürgen Klopp jedoch nach außen defensiv damit umgehen. Wenn er jetzt öffentlich das Ziel Europacup ausruft, wird dadurch Druck erzeugt, den einige im Team vielleicht nicht verkraften und dann geht der Schuss nach hinten los. Intern allerdings würde ich sagen: „Männer, jetzt zählt’s! Los geht’s! Wir greifen an!“ Denn im Fußball ist alles möglich.