Luiz Gustavo: "Alles - außer Torwart"

München - Immerhin eins weiß Luiz Gustavo in diesen Tagen: Er spielt immer. Nur einer Sache kann sich der Brasilianer nicht sicher sein: auf welcher Position.
Flexibel zu sein als Fußballer ist eine besondere Gabe, es kann aber auch ein Fluch sein. Wer hier und dort einsetzbar ist, macht sich in einer ganz bestimmten Rolle eben nicht unverzichtbar. Im Januar war der 23-Jährige für eine Ablösesumme von 15 Millionen Euro von der TSG Hoffenheim nach München geholt worden. Langfristig soll er als Sechser im Zentrum des Spiels vor der Abwehr aufgebaut werden, der Linksfuß gilt als Nachfolger von Mark van Bommel, der zum AC Milan wechselte, und als künftiger Partner von Bastian Schweinsteiger. Balleroberer und Ballverteiler mit Übersicht – das ist sein Spiel, „es ist meine Lieblingsposition”, sagt er, „das kann ich am besten”.
Bewiesen hat er dies eindrucksvoll vor einer Woche im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Inter Mailand (1:0), als er Bestnoten erhielt, weil er Inter Kreativkopf Wesley Sneijder weitestgehend den Zahn gezogen hatte. Doch auch in diesem Spiel musste er im Laufe der Partie seinen Job wechseln. Zu Beginn war er als Linksverteidiger aufgestellt worden, nach wenigen Minuten tauschte er mit Danijel Pranjic. Den Rekord im Stellenhopping während eines Spiels hatte er ein paar Tage zuvor beim 3:1 in Mainz aufgestellt – besser: aufstellen müssen. Linksverteidiger, Sechser und zuletzt noch Innenverteidiger.
„Er ist ein guter Junge, eine echte Persönlichkeit”
„Die linke Seite ist definitiv nicht mein Ressort”, erklärte er. Doch Aufbegehren ist nicht seine Art, er weiß, dass der Sprung von Hoffenheim an die Säbener Straße erst der richtige Startschuss für seine internationale Karriere ist. „Jeder Spieler träumt davon, in der Champions League zu spielen. Dieser Traum geht für mich nun in Erfüllung”, sagte er nach seinem Europacup-Debüt bei Inter. Er will Titel gewinnen und in die Nationalelf seiner Heimat berufen werden – wenn nicht, so kokettierte er bereits, könne er sich auch vorstellen, für die DFB-Auswahl aufzulaufen. Seit 2007 ist er in Deutschland, doch die Signale von Bundestrainer Joachim Löw sind wenig vielversprechend.
Erst einmal will er sich bei Bayern unverschiebbar machen, in der Mannschaft kommt er gut an. „Er ist ein guter Junge, eine echte Persönlichkeit”, lobte Sportdirektor Christian Nerlinger den gläubigen Christen.
Gustavo ist kein Mann der lauten Töne, geduldig wartet er auf seine Chance, sich dauerhaft in der Mitte zu etablieren. Bei der 1:3-Pleite gegen Dortmund hatte er wieder auf links rochieren müssen. „Ich wollte damit Mario Götze aus dem Spiel nehmen”, sagte Trainer Louis van Gaal. Götze bereitete zwei Treffer vor und in der Mitte klaffte eine Lücke, die weder Schweinsteiger noch Pranjic schließen konnten. Welche Rolle er im DFB-Pokalhalbfinale gegen Schalke einnehmen wird, wollte van Gaal nicht verraten. Luiz Gustavo nimmt’s mit Humor: „Außer Torwart habe ich schon alles gespielt, früher in Brasilien war ich auch mal Stürmer."
Seine Verlobte Milene ist derzeit in ihren Semesterferien zu Besuch in München, kürzlich schlenderten sie durch die Innenstadt. Was nicht so sensationell ist, dass es erwähnt werden muss – nur die Tatsache, dass er nicht erkannt wurde von Passanten. Er blieb unbelästigt, und das als Stammspieler. Kommt schon noch.