Louis ist wieder van Gaal

Vor der Partie beim VfL Bochum mahnt Bayern-Coach Louis van Gaal zwar vor Übermut, demonstriert aber wieder extremes Selbstbewusstsein: „Bayern war immer das dominierende Team – auch in Bordeaux.“
MÜNCHEN Die Haare liegen genau so wie immer, Anzug und Krawatte bilden wie stets eine perfekte Einheit. Und doch sitzt da ein anderer Louis van Gaal. Nicht jener mit dem reduzierten Ego der vergangenen Wochen, sondern wieder der von Anfang Juli: strotzend vor Selbstbewusstsein. „Bayern war immer das dominierende Team“, sagte van Gaal, „das können Sie auf Video nachschauen. Auch in Bordeaux.“ So klingen Sieger. Solche, die gerade 4:1 in Turin gewonnen haben und „nicht überrascht“ sind von der jüngsten Siegesserie der Bayern.
Am Samstagabend wird Katrin Müller-Hohenstein im „Aktuellen Sportstudio“ dem Erfolgstrainer auf den Zahn fühlen. Zum 50. Mal hintereinander wird der Rekordmeister dann nicht an der Tabellenspitze stehen, und dass sich das bis zur Winterpause ändert, glaubt auch der Vorstandsvorsitzende nicht: „Unser Ziel ist, noch Zweiter zu werden“, sagte Karl-Heinz Rummenigge, „ich gehe davon aus, dass Leverkusen Herbstmeister wird. Das haben sie sich verdient. Wir wollen uns für die Rückrunde eine gute Ausgangsposition schaffen.“
Im Weg steht dabei am Samstag (15.30 Uhr, Liveticker auf abendzeitung.de) der VfL Bochum – ein tückisches Hindernis, wie van Gaal Minuten nach dem Rausch von Turin anmerkte. „90 Minuten konzentriert zu sein, ist gegen eine Spitzenmannschaft einfacher“, so van Gaal, „der Fokus ist gegen Juve einfacher als gegen Mainz.“ Die Bayern könnten zwar „jede Mannschaft schlagen, auch Barca. Aber wir können auch gegen jede verlieren. Schauen Sie zurück nach Mainz oder Neckarelz! So weit sind wir nicht, dass wir nicht mehr gegen Bochum verlieren können. Da müssen wir hin: dass wir nur noch gegen Mannschaften verlieren, die das gleiche Niveau haben wie wir“.
In der Liga sind das nach van Gaals Ansicht „fünf, sechs Klubs“. International sieht es anders aus: „Mit 90 Minuten Konzentration knacken wir noch nicht jeden. Barcelona ist weiter, Chelsea, ManU, auch Arsenal und andere Klubs. Die arbeiten schon lange zusammen.“ Er dagegen habe „nicht immer alle Spieler gehabt“, musste „die richtige Position für meine Spieler entwickeln“, und dieser Prozess ist nicht zu Ende, „das wird noch dauern, tut mir leid“.“ Und dann sind da ja noch Robben und Ribéry: „Ein oder zwei Spiele haben wir mit ihnen gespielt, nie über 90 Minuten. Sie können viel bedeuten für die Mannschaft. Aber: Ich muss sie integrieren.“ Er sagt es nicht, aber wir wissen: Das dauert halt seine Zeit.
Über Einzelne spricht van Gaal ungern: „Alle reden über Olic und Gomez. Aber ich bin nicht euphorisch über meine Spieler, sondern über meine Mannschaft. Wir können in den nächsten Monaten noch viele Schritte mit dieser Mannschaft machen. Und andere können in ein Tief rutschen.“
Davon ist van Gaal persönlich weit entfernt. „Wir sind lange Zeit ungeschlagen“, erinnert er die Reporter, „vielleicht haben Sie das in Ihrem Kopf.“ Haben wir: 3. November, 0:2 gegen Bordeaux. Eine ganz andere Zeit, ein ganz anderer van Gaal.
Thomas Becker