Louis in neuem Licht
Die Wende dank einer Wandlung? Lesen Sie mal, wie van Gaal sich in den letzten Wochen verändert hat – und wie seine Bayern nun doch noch die Kurve kriegen können
MÜNCHEN Es ist gar nicht so lange her, dass Louis van Gaal meinte, dass er sich mit seinen 58 Jahren nicht mehr ändern würde. Der Klub, die Spieler, die Fans müssten ihn so akzeptieren wie er wäre. „Ich weiß, was ich kann. Wenn sie kein Vertrauen haben, ist Schluss. Okay. Dann gehe ich", sagte van Gaal im August.
Die Beziehung zwischen dem FC Bayern und dem Niederländer fremdelte da schon. Dann kam der Herbst, die Krise, noch vor einer Woche schien die Ehe kurz vor dem Ende. Van Gaal und die Bayern, sie schienen nicht zusammenzufinden. Doch dann kam das 1:0 gegen Haifa, es kam die Jahreshauptversammlung, es kam das 3:0 in Hannover. Es war eine Woche, die viel geändert hat bei den Bayern. „Bayern ist wieder da", sagte van Gaal am Sonntagabend.
Auch der Erfolgscoach van Gaal ist wieder auf der Bühne erschienen. Nun erst scheint er verstanden zu haben, dass der FC Bayern anders funktioniert als die Spitzenvereine, bei denen er zuvor gearbeitet hat. Bayern setzt zwar mehr als 300 Millionen Euro im Jahr um, doch im Grunde ist der Klub ein Familienunternehmen, das gelebte Ulikallefranz. Spätestens bei der Jahreshauptversammlung, als van Gaal freundlichst empfangen wurde, wird der Coach gemerkt haben, dass er willkommen ist beim FC Bayern, dass er Teil der Familie werden kann. Doch dafür muss er sich auch anpassen.
Die Bosse haben in den letzten Wochen wiederholt versucht, ihrem Trainer Ratschläge zu erteilen. Bisweilen haben sie auch Druck aufgebaut. Auch das war etwas, woran sich der Trainer gewöhnen musste. Doch in den letzten Tagen scheint er sich diese Ratschläge zu Herzen genommen zu haben. Aber urteilen Sie selbst: Was die Bosse über ihn sagten – und wie van Gaal sich wandelte.
Er spielt nie mit der selben Mannschaft. Er ist immer noch auf der Suche, er ist sich selbst noch nicht im Klaren, was das Beste ist." Franz Beckenbauer
In Hannover vertraute van Gaal zum ersten Mal überhaupt der gleichen Mannschaft wie beim Spiel zuvor. Nach drei Auftritten im DFB-Pokal, fünf Champions League Partien und 14 Bundesligaspielen scheint der Trainer – auch verletzungsbedingt – endlich eine Stammelf gefunden zu haben. „Das ist meine Mannschaft", sagte er am Freitag. Nur für Robben und Ribéry wird er seine Elf wieder auseinander reißen.
Wir wollen 4-4-2 spielen! Mit zwei Außen, einem defensiveren Mittelfeld, zwei Stürmern. Auch Arjen Robben kann in einem 4-4-2 spielen." Uli Hoeneß
Van Gaal bevorzugt das holländische 4-3-3. Erst als Robben und Ribéry sich verletzten, stellte er eher widerwillig auf das klassische Bayern-System um. Es spricht derzeit viel dafür, dass es dabei bleiben wird. Vom 4-3-3 spricht van Gaal schon lange nicht mehr.
„Die Zuschauer lassen sich nicht veräppeln. Die sind es nicht gewöhnt nicht, dass langweilig herum gespielt wird." Franz Beckenbauer
Gut, die Bayern brannten auch in Hannover kein Offensiv-Feuerwerk ab. So wie Leverkusen die Gegner permanent schwindlig zu spielen, das wird unter van Gaal kaum sehen. Dafür besteht der Trainer zu sehr auf die Grundordnung. Die Bayern sollen überlegen sein, viel Ballbesitz haben, den Gegner mürbe machen und aus den Chancen Tore machen. In Hannover setzten sie das perfekt um.
„Ich habe ihm schon nach seinem ersten Tag gesagt, dass ihm das Wort arrogant um die Ohren fliegen würde. Zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz ist eben ein schmaler Grat." Uli Hoeneß
Diesen Wink hat van Gaal schon lange verstanden. Gegenüber Journalisten tritt er inzwischen verbindlicher und freundlicher auf als zu Beginn. Das Oberlehrerhafte scheint ihm abhanden gekommen zu sein. Nun bewies er im Fall Luca Toni sogar, dass er auch gnädig sein kann. „Als erstes steht immer das Interesse des Vereins, dann folgen die Interessen der Spieler, dann erst Louis van Gaal. Ich stehe immer am Tiefsten", sagte van Gaal nach dem Sieg in Hannover. Er klang nichtmal frustriert dabei.
Filippo Cataldo