Louis für lange

Bayerns WM-Helden sind zurück. Sportchef Nerlinger hofft, dass Lahm & Co. ihren Coach van Gaal überzeugen, eine Ära einzuläuten.
MÜNCHEN Thomas Müller schnappt sich ein Netz voller Bälle und trägt es zum Trainingsplatz. Kapitän Mark van Bommel nimmt Toni Kroos zur Seite und redet auf den Leverkusen-Rückkehrer und, wenn man so will, einzigen Neuzugang ein. Dann ertönt die Pfeife von Louis van Gaal: Exakt um 12.15 Uhr eröffnet der Chefcoach die erste echte Trainingseinheit des FC Bayern der Saison 2010/2011.
Seit gestern ist auch für die Stars des FC Bayern die WM endgültig vorbei. Die elf Helden, die in Südafrika erfolgreich waren, sind wieder daheim an der Säbener Straße. „Es geht wieder bei Null los“, sagt van Bommel. Für ihn, Jörg Butt, Holger Badstuber, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Thomas Müller, Mario Gomez, Miroslav Klose und die Holländer Arjen Robben und Edson Braafheid beginnt nun eine der kürzesten Vorbereitungen aller Zeiten. Genauso wie für Franck Ribéry, der nun früher als erwartet ins Mannschaftstraining eingestiegen ist.
Kapitän van Bommel ist bereit. Die Enttäuschung wegen des verlorenen WM-Finales gegen Spanien (0:1 n. V.) sei verarbeitet, so gut es eben geht. Dafür sei der Urlaub ja da gewesen. „Ich habe nur 0,3 Kilo zugenommen“, verkündet er stolz. Überhaupt dürfe man die kurze Vorbereitung nicht dramatisieren: „Sicher ist es ein Problem, aber damit muss man als Profi umgehen können.“
Das sollten sie tatsächlich. In 18 Tagen schon starten die Bayern schließlich gegen Wolfsburg in die Saison, gerade mal zwei Wochen sind es bis zum Pokalspiel gegen Germania Windeck. Über die Ziele braucht man nicht lange reden. „Wir wollen wie immer Meister und Pokalsieger werden und in der Champions League so weit wie möglich kommen“, sagt Philipp Lahm. Sorgen wegen der schwierigen Vorbereitung macht er sich keine. „Es dauert ein bisschen, bis alles wieder hochgefahren ist“, sagt er zwar, versichert aber gleich: „Wir werden gut in die Saison starten. Jeder weiß, was er zu tun hat.“
Für Louis van Gaal gilt das sowieso. Der Coach, der die Vorbereitung noch vor zwei Wochen wegen seines dezimierten Kaders als „lächerlich“ bezeichnet und seinen Ärger zuletzt immer schlechter kaschiert hat, kann sich nun auch wieder um seine Stammkräfte kümmern. Um jene Spieler, die er in der letzten Saison Stück für Stück wirklich besser gemacht hat. Ab jetzt beginnt auch für van Gaal die richtige Saisonvorbereitung mit seinem FC Bayern.
Van Gaals Vertrag läuft zum Saisonende aus, er hat erklärt, höchstens ein Jahr dranzuhängen. Van Gaal will ja noch mal Nationaltrainer werden. Er, der sich derzeit wegen der Länderspielansetzung am 11. August über Fifa und DFB ärgert, träumt davon, eine Mannschaft zu einer EM oder WM zu führen. „Ich denke, sein WM-Traum ist sehr tief verankert“, hat auch Sportdirektor Christian Nerlinger erkannt. Wirklich recht ist ihm das aber nicht. Nerlinger will den Coach halten, um mit ihm und den Stars eine neue Ära beim FC Bayern zu begründen.
Nerlinger hofft, den Coach mit dieser Perspektive zum Bleiben zu überreden. „Ich kann ja verstehen, dass er Nationaltrainer werden will, die Lebensqualität da ist eine große. Aber er fühlt sich auch beim FC Bayern und in München sehr wohl, vielleicht können wir diesen Wunsch hinauszögern“, sagt Nerlinger. Es sei „überhaupt nicht gesagt, dass Louis van Gaal schon aufhört bei uns“.
Erfolg soll ihn zum Bleiben bewegen. Dafür arbeiten seit gestern wieder alle beim FC Bayern.
Filippo Cataldo