Lothar Matthäus: "Zu Recht die Punkte verloren"

Die Bayern haben drei Spiele in Serie nicht gewonnen, die AZ sprach mit Lothar Matthäus über die Gründe. "Nicht mehr so dominant".
Interview: Julian Buhl |
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Mit der AZ sprach der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus über die aktuell kriselnde Form des FC Bayern.
dpa/AZ Mit der AZ sprach der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus über die aktuell kriselnde Form des FC Bayern.

München - Eine Niederlage gegen Atlético Madrid, dazu zuletzt zwei Unentschieden in der Bundesliga gegen den 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt. Nach dem hervorragenden Saisonstart gerät der Bayern-Motor derzeit etwas ins Stocken. Die AZ hat mit dem früheren Bayern-Spieler Lothar Matthäus über die derzeitige Form der Münchner gesprochen.

AZ: Herr Matthäus, Bayern hat am Samstag in Frankfurt in Überzahl nur 2:2 gespielt. Seit drei Pflichtspielen sind die Münchner nun sieglos. Sind auch Sie, wie viele Beobachter, davon überrascht?
LOTHAR MATTHÄUS: Natürlich! Der FC Bayern hat die Messlatte in den letzten Jahren selbst so hoch gelegt, dass man speziell in der Bundesliga erwartet, dass die Gegner klar beherrscht und deutlich geschlagen werden. Nach einem guten Saisonstart gelingt das den Bayern zur Zeit nicht.

Woran liegt das?
Irgendetwas ist da. Viele reden jetzt von Einstellung. Es ist aber eigentlich eine Grundvoraussetzung, dass jeder, der auf dem Platz steht, alles gibt. Möglicherweise ist es eine Kopfsache. Vielleicht ist der Mannschaft in den vergangenen Jahren national alles zu einfach gefallen und die Spieler haben bis zu dem Atlético-Spiel gedacht, das geht automatisch so weiter. Dann wird man ein bisschen leichtsinnig und verliert die Konzentration.

Lesen Sie hier: Zentrales Mittelfeld - Das Bayern-Herz krankt

Aufgrund der Qualität, die jeder Einzelne hat, ist es nicht nachvollziehbar, dass man in Frankfurt in der ersten Halbzeit so dermaßen beherrscht worden ist. Was mich am meisten schockiert, ist, dass die Bayern die Punkte nicht unglücklich verloren haben, sondern zu Recht. Gegen Atlético haben sie verdient verloren und hatten bei den Unentschieden gegen Köln und Frankfurt noch Glück.

"Das war nicht Bayern München", sagt Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge.
Das haben wir früher auch gehört nach schlechteren Spielen. Der FC Bayern hat an sich selbst die höchsten Ansprüche – und tut alles für seine Spieler. Die dürfen aus dieser Komfortzone aber keine Vorteile für sich herausholen. Vielleicht ist es den Spielern zu gut gegangen.

Weil Ihnen Carlo Ancelotti zu viele Freiheiten lässt?
Vielleicht haben sie die andere Handschrift von Ancelotti falsch verstanden. Er ist ein anderer Typ als Guardiola. Der ein oder andere hat das vielleicht ausgenutzt. Am Anfang der Saison hat der FC Bayern gut gespielt. Mittlerweile haben die anderen Mannschaften aber auch so ein bisschen ihre Mittel gefunden, um die Bayern zu ärgern. Und am meisten kann man das, wenn man selbst attackiert, Initiative übernimmt, wie es Frankfurt gemacht hat.

"Der Trainer muss reagieren, auch einen Plan B und C haben"

Ist das also ein Signal an die Liga, dass die Bayern nach jahrelanger Dominanz jetzt wieder verwundbar sind?
Es zeigt schon, dass man gegen den FC Bayern bestehen kann, wenn man bestimmte Voraussetzungen ins Spiel bringt: Aggressivität, die Räume eng machen, kompakt stehen, und nicht vor Ehrfurcht erstarren. Auch zu meiner Zeit war es so: Wenn man Bayern attackiert und unter Druck setzt, machen sie Fehler. Damit kommen sie nicht zurecht. Das hat man jetzt wieder gesehen. Dann schwimmt die Verteidigung, die Offensivspieler kommen nicht rechtzeitig zurück und der Gegner hat seine Chancen.

Die nächsten Gegner sind mit Eindhoven und Mönchengladbach nicht gerade einfach ...
Bayern hat keine einfachen Gegner, auch nicht in der Liga. Dafür, dass die Spiele einfach werden, muss man auch etwas tun, sie mit Engagement, Leidenschaft und Teamspirit angehen. Das war das, was Guardiola aus der Mannschaft herausgekitzelt hat. Er hat auf jede Kleinigkeit geachtet, seine Spieler immer wieder gefordert und in Details kritisiert. Vielleicht brauchen sie das. Jedenfalls ist die Mannschaft nicht mehr so dominant, wie in den letzten Jahren. Ancelotti hat eben eine andere Art und Weise, mit der er bei allen Vereinen bisher anerkannt und erfolgreich war. Das Ganze kommt vielleicht zum richtigen Zeitpunkt, dass solche Dinge jetzt angesprochen werden und die Spieler aufwachen.

Lesen Sie hier: FC Bayern - Gegen Eindhoven "die Kurve kriegen"

Erwarten Sie auch von Ancelotti eine Reaktion?
Der Trainer muss reagieren und auch einen Plan B und C haben, sich hinterfragen, warum sein Team nicht mehr so gut spielt. Die Spieler, die ihn enttäuscht haben, werden möglicherweise draußen sitzen. Alonso merkt man das Alter und die fehlende Geschwindigkeit an, vor allem wenn die Mannschaft nicht so dominant ist. Fast jeder, auf den man sich sonst verlassen konnte, hat aktuell ein bisschen eine Schwächephase. Neuer hat bei einigen Toren nicht so gut ausgesehen, Alaba hat fünf Jahre nur Lob bekommen, jetzt hängt ihm die EM ein bisschen nach.

Sind die Bayern also tatsächlich in der Krise?
Bei Bayern wird manchmal schon nach einem nicht so guten Spiel von einer Krise gesprochen. Aber Rummenigge weiß, wovon er redet und legt den Finger bewusst in die Wunde. Er hat gemerkt, dass es Zeit ist, die Öffentlichkeit mit ins Boot zu holen und auch über die Medien einen Fingerzeig an das Team zu richten. Ich bin überzeugt, dass Rummenigges mahnende Worte zum richtigen Moment gekommen sind und die Mannschaft geweckt haben.

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