Löw macht Müller die EM-Tür auf: Wie andere Rückhol-Aktionen beim DFB gelaufen sind

München - Montagvormittag an der Säbener Straße: strahlender Sonnenschein, aber gähnende Leere auf den Trainingsplätzen des FC Bayern - zumindest fast.
Während die Profis des Rekordmeisters nach dem 5:1 über den FC Köln, mit dem sie souverän ihren Zwei-Punkte-Vorsprung vor Verfolger RB Leipzig absicherten, den freien Tag genossen, drehte dort Thomas Müller zusammen mit Fitnesscoach Dr. Holger Broich einsam seine Runden.
Die freiwilligen Extra-Schichten sind verständlich - der 30-Jährige ist ein Vollprofi durch und durch und hat nach seinem persönlichen Lockdown mit 16 Tagen in häuslicher Corona-Quarantäne noch ein bisschen was nachzuholen.
Joachim Löw plötzlich offen für Müller-Rückkehr
Wie wichtig allerdings selbst ein nicht völlig austrainierter Müller für den FC Bayern ist, war am Samstag gegen Köln zu sehen, als der verlängerte Arm von Trainer Hansi Flick nach 63. Minuten aufs Feld kam und mit seiner ersten Aktion Robert Lewandowskis Tor zum zwischenzeitlichen 3:1 vorbereitete. Müllers 15. Assist.
Und wie wichtig ein dann hoffentlich komplett fitter Thomas Müller für die deutsche Nationalmannschaft sein kann, wird sich womöglich bei der anstehenden Europameisterschaft im Juni/Juli diesen Jahres zeigen. In einem Interview mit dem "Kicker" hat Bundestrainer Joachim Löw, nachdem er sich diesem Thema monatelang verweigert hatte, nun die Tür für ein Comeback des Ober-Bayern, sowie für die ebenfalls Anfang 2019 ausgebooteten Rio-Weltmeister Mats Hummels und Jérôme Boateng zumindest ein Stück weit aufgemacht. "Besondere Umstände", sagte der DFB-Chefcoach, "können eine Unterbrechung des Umbruchs rechtfertigen."
Dabei ist aus Sicht von Müller & Co. längst nicht geklärt, ob das Trio durch diese Tür auch wirklich hindurchschreiten sollte. Schließlich zeigt ein Blick der AZ in die Vergangenheit, dass so eine Rückholaktion in die Nationalmannschaft nicht zwangsläufig für alle Beteiligten gut ausgehen muss.
Paul Breitner kehrte zurück und traf im WM-Finale
Europameister 1972, Weltmeister 1974 - dann war erstmal Schluss. Der meinungsstarke Bayern-Star hatte sich nach dem WM-Gewinn derart mit dem DFB und Bundestrainer Helmut Schön überworfen, dass er mit gerade mal 23 Jahren die Brocken bei der Nationalmannschaft hinwarf. Schön und der zu Real Madrid gewechselte Mao-Fan aus Freilassing, das passte einfach nicht. Breitners Madrider Trainer Miljan Miljanic sagte damals: "In Brasilien müsste die Regierung zurücktreten, würde man einen Weltklassespieler wie Breitner nicht aufstellen."
Unter Schöns Nachfolger Jupp Derwall wagte Breitner, mittlerweile zum FC Bayern zurückgekehrt, dann auch beim DFB einen zweiten Versuch. Mit Erfolg. Bei der WM 1982 behielt er im Halbfinale (5:4) gegen Frankreich im Elfmeterschießen die Nerven und traf dann auch noch im Endspiel bei der 1:3-Niederlage - damit ist er neben Pelé und Zinedine Zidane einer der wenigen Spieler, die sich in zwei WM-Endspielen als Torschützen feiern lassen durften.
Lothar Matthäus feierte mit 37 Jahren sein Comeback
150 Länderspiele, fünf Weltmeisterschaften, insgesamt 20 Jahre mit dem Adler auf der Brust. Den Rekordnationalspieler Matthäus gäbe es jedoch wohl nicht, hätte sich Berti Vogts nicht vor der WM 1998 - sanft von der deutschen Fußball-Öffentlichkeit dazu gedrängt - einen Ruck gegeben und den bereits 37-jährigen Bayern-Antreiber für das Turnier in Frankreich nominiert. Zwei Jahre zuvor hatte derselbe Bundestrainer ebendiesen Matthäus im Vorfeld der EM in England noch ausgebootet, weil der Weltstar nicht mit Vogts Intimus Jürgen Klinsmann klarkam.
Ein weiterer großer Titel nach dem WM-Gewinn 1990 blieb Matthäus zwar dadurch verwehrt, dennoch hält er bis heute weltweit den Rekord für die meisten Einsätze bei einer Weltmeisterschaft (25).
Effenbergs Comeback nach der Stinkefinger-Affäre verlief erfolglos
Eher unter der Überschrift "zum Vergessen" lief seinerzeit das Comeback des Tigers bei der Nationalmannschaft - was man auch hätte ahnen können, denn die Verbindung zwischen Effenberg und dem DFB stand seit jeher unter keinem guten Stern. Mit einem Knall war seine erste Karriere bei der Nationalmannschaft nach der Stinkefinger-Affäre bei der WM 1994 in den USA zu Ende gegangen. Bundestrainer Vogts konnte gar nicht anders, als "Effe" rauszuschmeißen.
Vier Jahre später kam es dann in Frankreich zu einem unglücklichen Comeback-Versuch von Effenberg beim DFB. Mit dem Ergebnis: Als zwei Jahre später der neue Teamchef Rudi Völler Effenberg erneut reaktivieren wollte, sagte der "Cheffe" dann lieber von sich aus ab.