LMU München: Der Franz rockt die Uni

Beckenbauer erzählt in der Großen Aula der LMU Anekdoten aus seinem Leben – und die Studenten feiern den Kaiser, der gerne Philosophie belegt hätte – aber froh ist, nur die Volksschule besucht zu haben
München - Plötzlich gibt es Szenenapplaus. Mittendrin. Das kennt einer wie Franz Beckenbauer. Aber von früher, als er noch auf dem Platz stand. Am Donnerstagnachmittag erntet er Anekdotenbeifall. Stundenten feiern den Kaiser, auch das ist ungewöhnlich. Dabei hat er seine Geschichten noch gar nicht auserzählt.
Lautes Gelächter, Beifallsstürme. Für einen Redner in der Großen Aula der LMU eher die Ausnahme. Aber der Franz rockt halt auch die Uni. Der Auftritt des Ehrenpräsidenten des FC Bayern war der Abschluss des Unternehmertages, der launige Rausschmeißer. Ein echter Ankommer. „Ein Unternehmer war ich nie”, sagt Franz Beckenbauer launig, „obwohl ich immer viel unternommen habe.”
Nein, so flach war die Veranstaltung nicht. Der Einladung von LMU-Präsident Bernd Huber und Andy Goldstein, Geschäftsführer des Entrepreneurship-Center der LMU sind zwei Beckenbauer-Kumpel gefolgt: Dietmar Hopp, Mitbegründer der SAP AG und Mäzen der TSG Hoffenheim, sowie Herbert A. Henzler, ehemaliger Chairman von McKinsey Deutschland und heute Mitglied des Verwaltungsbeirats des FC Bayern.
Es gab viel Lebens- und Lernhilfe im Vortrag von Dietmar Hopp („Habt keine Angst! Seid mutig!”) an die Studierenden und Jung-Unternehmer. In jeweils 90 Sekunden stellen neun Firmengründer ihre Projekte vor. Was Uni-Neuling Beckenbauer sichtlich beeindruckt: „Ich habe selten so viele junge, intelligente Menschen auf einem Haufen gesehen. Respekt!” Wie groß doch der Unterschied sein kann von einer Spielerkabine zu einer Aula. Franz goes Uni.
Er selbst hat sie umdribbelt. „Nach der 4. Klasse stand ich vor der Frage: Volksschule oder Oberschule, das heutige Gymnasium”, erzählt der gebürtige Giesinger. „Ich habe mich für die Volksschule entschieden – im Nachhinein Gott sei Dank. Vielleicht wäre ich ein guter Student geworden, aber dann sicher kein guter Fußballer. Meine Freunde, die den Weg in die Oberschule gewählt haben, die habe ich später nie mehr gesehen – die haben nur noch gelernt. Ich habe Fußball gespielt. Bereut habe ich das nie.”
Wenig später plaudert Beckenbauer im Ledersessel mit Interviewer Henzler über seinen Werdegang. Lässig verteilt der 66-Jährige Anekdoten seines Lebens im Saal. Er spielt den Studenten die Bälle zu, bei einer Spontanwahl hätte er den Ehrendoktortitel sicher gehabt. Seine Erinnerungen handeln von Wollknäuel als ärmliche Vorgänger der Lederbälle, von den Straßenmannschaften im „wilden Viertel Obergiesing”. Die Schule des Lebens eben Anfang der 50er Jahre. „Es hat damals keinen Neid gegeben – warum denn auch? Auf was? Wir konnten nicht unterscheiden zwischen Arm und Reich. Es hat ja nichts gegeben.”
Dann klingelt’s. Er kramt in seiner Hosentasche. „Des gibt's ned. Den ganzen Tag!” Er kramt sein Handy raus, drückt den Anrufer weg. „Tschuldigung!” Henzler verzichtet auf eine Geldstrafe. Völlig unbeeindruckt redet er weiter. Thema (Aus-Bildung): „Meine schulische war recht bescheiden. Ich sollte Postler werden, wie der Vater, wie der Opa. Aber ich habe mich geweigert, bin Versicherungskaufmann geworden bei der Allianz. Ich habe die Firma hoch geschossen, wo sie heute ist.” Der Flachs, seine Stärke. „Ich bin mit 13 zur Allianz, habe aber nicht mal gewusst, was eine Versicherung ist. Und mit 14 musste ich plötzlich telefonieren, habe zum ersten Mal ein Telefon gesehen.” Raunen im Auditorium. Was für ein Leben: Vom Sachbearbeiter zum Kaiser – ohne Universität.
Und wenn er studiert hätte? Beckenbauer: „Dann Philosophie. Aber ich weiß nicht, ob ich damit hätte Geld verdienen können.” Zum Fußballphilosophen langte es auch so, ganz ohne Uni. Siehe: Schau mer mal.