Lewandowskis goldener Traum vom Weltfußballertitel

Bayern-Stürmer Robert Lewandowski erfüllt sich mit dem Triumph in der Champions League einen Kindheitswunsch. Nach der (Triple-)Saison seines Lebens hofft er noch auf den Weltfußballertitel.
von  Julian Buhl
Jubel über den Sieg in der Champions League: Robert Lewandowski.
Jubel über den Sieg in der Champions League: Robert Lewandowski. © GES-Sportfoto/Augenklick

München - Robert Lewandowski versteht es bestens, seine innere Gefühlswelt zu beherrschen. Erst recht auf dem Spielfeld, wo er stets als abgeklärter Torjäger in Erscheinung tritt. Normalerweise. Als der Schlusspfiff im Estádio da Luz in Lissabon aber ertönte, verlor selbst der sonst so cool und besonnen auftretende Starstürmer des FC Bayern die Kontrolle über sich. Die Gefühle übermannten ihn. Lewandowski weinte und blickte mit tränenfeuchten Augen - und doch glücklich - in den Nachthimmel von Lissabon.

Denn im Stadion des Lichts war für den 32-Jährigen sein größter Kindheitstraum in Erfüllung gegangen: Nach dem Finalsieg mit dem FC Bayern gegen Paris Saint-Germain (1:0) hielt er den Champions-League-Pokal in seinen Händen. Die polnische Flagge seines Heimatlandes, die er sich um die Schultern gelegt hatte, wehte wie ein Umhang im sanften Wind und machte das Bild perfekt: Lewandowski sah aus wie ein König. Der König von Europa.

Der polnische Nationalstürmer sorgte mit seinen Toren mit dafür, dass der FC Bayern das Triple holte.
Der polnische Nationalstürmer sorgte mit seinen Toren mit dafür, dass der FC Bayern das Triple holte. © imago

Robert und Anna Lewandowski: Ein eingespieltes Team

"Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich so ein Foto machen würde, wenn ich diesen Titel gewinne", sagte Lewandowski dem polnischen Portal "Sportowe Fakty" und gewährte tiefen Einblick in sein Seelenleben: "Nach dem Schlusspfiff hatte ich keine Kontrolle darüber, was passiert. Ich habe mich gefreut wie ein Kind. Es war die spontane Reaktion eines glücklichen Menschen." Noch auf dem Rasen rief Lewandowski bei seiner Frau Anna, die zu Hause in München mit den Töchtern Klara (3) und der im Mai geborenen Laura mitfieberte.

"Sie kann Ihnen sagen, wie sehr wir für diesen Moment gekämpft haben", sagte Lewandowski, der sich von seiner Ehefrau unter anderem in Sachen Fitness und Ernährung coachen lässt. Und die frühere Karate-Weltmeisterin überlässt nichts dem Zufall. Sogar einen Schlaftrainer besorgte sie ihrem Mann. "Kein blaues Licht, kein Fernseher im Schlafzimmer. Die Temperatur ist bei höchstens 21 Grad", verriet sie mal die Schlafzimmerregeln der Lewandowskis.

Mit seiner Ehefrau Anna: Robert Lewandowski.
Mit seiner Ehefrau Anna: Robert Lewandowski. © Rauchensteiner/Augenklick

All das führte dazu, dass sich Lewandowski in der vergangenen Saison in der Form seines Lebens präsentierte. 55 Tore und zehn Vorlagen in 47 Pflichtspielen lautet seine beeindruckende Bilanz. Alleine in der Champions League traf er 15 Mal. In jedem Spiel – außer im Finale.

Aber auch dem Endspiel der Königsklasse drückte er seinen Stempel durchaus mit auf und scheiterte in der ersten Halbzeit mit einem technisch anspruchsvollen Drehschuss nur am linken Innenpfosten.

Und so macht er sich berechtigte Hoffnungen, dass sein Kindheitstraum noch nicht ganz zu Ende geträumt ist und sogar noch zu einem goldenen werden könnte. Die Kür des Weltfußballers durch die Fifa steht nämlich nun doch noch aus.

Nachdem die Veranstaltung aufgrund der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie bereits abgesagt war, will der Weltverband nun doch auch in diesem Jahr den besten Fußballer des Planeten ehren. Darauf hatte Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge in einem persönlichen Gespräch mit seinem Kumpel Gianni Infantino, dem Fifa-Präsidenten, hingewirkt. Wann und in welcher Form die Gala stattfinden wird, ist noch offen.

Lewandowski ist Deutschlands Fußballer des Jahres

Als Kapitän der polnischen Nationalelf darf jedenfalls auch Lewandowski seine Stimme bei der Wahl abgeben. Wem würde er sie also geben? "Mir selbst!", sagte der ansonsten eher bescheidene Stürmer, der gerade zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt wurde, und begründete seine Haltung wie folgt: "Wir haben mit dem FC Bayern alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Ich bin in jedem Wettbewerb Torschützenkönig geworden."

Unterstützung erhält er von den Verantwortlichen seines Klubs. Präsident Herbert Hainer geht bereits "fest davon aus", das Lewandowski die Auszeichnung erhalten wird. Der habe "die Saison seines Lebens gespielt", sagte Rummenigge. Und sieht - genau wie Bayern-Coach Hansi Flick - "aktuell keinen Spieler, der es mehr verdient hätte".

Joachim Löw, der als Bundestrainer ebenfalls abstimmen darf, dagegen schon. "Ich habe nichts gegen Robert Lewandowski, er ist ein Torjäger der Superklasse", sagte Löw dem "Kicker", "aber für mich wäre der Weltfußballer in diesem Jahr: Manuel Neuer."

Der Nationalelf- und Bayern-Kapitän habe beim Finalturnier in Lissabon starke Leistungen gezeigt und "einen ganz großen Anteil am Gewinn der Champions League", begründete Löw. Es wäre eine Pointe mit tragikomischen Zügen, wenn Lewandowski in diesem Jahr nicht wie üblich von einem der beiden mit ihren Teams schwächelnden Superstars Lionel Messi (Barcelona) oder Cristiano Ronaldo (Turin), sondern von einem Konkurrenten aus den eigenen Reihen die höchste individuelle Auszeichnung weggeschnappt würde.

Rummenigge schwärmt von Lewandowski

Lewandowski würde aber wohl selbst das nicht aus der (Erfolgs-)Bahn bringen. "Robert lebt Bayern München", schwärmte Rummenigge in der "Welt am Sonntag": "Er ist vielleicht der beste Profi, den ich hier erlebt habe." Seine Ernährung, sein Lifestyle – alles sei auf den Erfolg ausgerichtet.

"Wenn ich manchmal in der Kabine bin und seinen Oberkörper sehe – er ist wie Adonis. Besser geht's nicht", befand der frühere Stürmer. "Ich fühle mich nicht wie 32. Ich fühle mich besser als mit 26", sagte Lewandowski. Das betreffe nicht nur seinen Körper, sondern auch das Fußballerische.

Kindheitstraum: Lewandowski hat den CL-Pokal.
Kindheitstraum: Lewandowski hat den CL-Pokal. © instagram.com/_rl9

Er habe in den vergangenen Jahren ganz gezielt darauf hingearbeitet, "um mein optimales Niveau zu erreichen. Ich tue alles, um noch einige Jahre diese Form zu halten." Und wie lange geht das? "Zehn Jahre?, sagte Lewandowski, lachte und fügte ganz ernst hinzu: "Vielleicht acht." Dann wäre er 40.

Zuzutrauen wäre ihm das allemal. Das sieht auch Rummenigge so. Die Frage sei, "ob Robert mit 35 sogar noch besser sein wird als Cristiano Ronaldo mit 35!" Der Weltfußballertitel wäre ein gewichtiges Argument, um diesem größtmöglichen Vergleich möglicherweise standzuhalten.

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