Lewandowski in Schach gehalten: Emanzipierte Bayern gewinnen gegen Barcelona

München – Ohne Lewandowski – und dann gegen Lewandowski? Ja, geht. Beides. Am zweiten Spieltag der Gruppenphase zeigte der FC Bayern München sein Champions-League-Gesicht, gewann gegen den FC Barcelona mitsamt ihrem Ex-Torjäger 2:0.
Lucas Hernández, seines Zeichens Innenverteidiger, und Leroy Sané, bereits Matchwinner vor sechs Tagen beim 2:0 bei Inter Mailand, erzielten die Treffer. Ein Statement-Sieg. Sechs Punkte – und kein verschärfter Abschiedsschmerz durch Tore der früheren Lebensversicherung.
Applaus und Pfiffe für Lewandowski
Der Empfang für den Ex fiel gemischt aus. Anerkennender Applaus und beleidigte Pfiffe nach Robert Lewandowskis intensiv forciertem Abgang im Sommer (trotz Vertrages bis 2023) hielten sich die Waage.
Schließlich hatte der Torjäger, der der Fans freundlich winkte, in acht Spielzeiten und 375 Pflichtspielen 345 Mal für die Bayern getroffen – und andersherum? Fünf Treffer in 14 Partien – damals noch im Trikot von Borussia Dortmund.
Das Spiel nahm vom Anpfiff weg rasant Fahrt auf. Hohes Tempo, offenes Visier auf beiden Seiten. Ein Klasse-Kick, die Motivation und Lust waren beiden Teams anzumerken. Ein personell und spieltaktisch ganz anderes Barça als noch in der Gruppenphase der letzten Saison (zwei Mal 3:0 für die Bayern) drückte die Münchner an den eigenen Strafraum und versuchte, Lewandowski in Abschlussposition zu bringen.
Wie lautete der Plan, die polnische Tormaschine im neuen Gewand zu stoppen? "Wir müssen die Bälle auf Robert wegnehmen, damit er nicht allzu viele Aktionen im Sechzehner hat, weil er da einfach sehr gut ist", meinte Nagelsmann.
Lewandowski zu "aufgeregt" gegen seinen Ex-Klub FC Bayern
Lewandowski brannte. Erst zielte der 34-Jährige aus Höhe des Elfmeterpunktes drüber (18.), dann köpfte er Manuel Neuer, der sich breit wie ein Handballtorwart machte, nach Flanke von Marcos Alonso an (21.) – zwei dicke Chancen. Aus alter Verbundenheit? Matthias Sammer, Experte bei Prime Video, meinte: "Lewy hat heute seine menschliche Seite gezeigt." Der frühere Bayern-Mittelstürmer Mario Gomez hatte "das Gefühl, Lewandowski ist aufgeregt, er will unbedingt". Was oft hemmt.
Und drüben, bei den Roten, merkte man eben genau das, was sie nicht wahrhaben wollen: Dass Lewandowski bzw. ein echter Neuner als Anspielstation und Vollstrecker fehlt. Sadio Mané, der Neuzugang aus Liverpool, war über halblinks fleißig, mehr aber auch nicht.
Bis zum Strafraum agierte Bayern ganz gefällig, im Rahmen der Möglichkeiten gegen ihren bis dato besten Gegner der Saison. In der 40. Minute landete der Ball einmal in aussichtsreicher Mittelstürmer-Position, dann rannten sich Mané und Thomas Müller im Übereifer über den Haufen.
Halbzeit, die Bayern wieder auf Remis-Kurs wie zuletzt drei Mal hintereinander in der Liga. Diesmal durften sie allerdings glücklich darüber sein. Vor allem, weil Alphonso Davies kurz vor der Pause Barça-Flügelspieler Ousmane Dembélé per Foul gestoppt hatte - ohne Folgen.
Lucas Hernández zieht sich Muskelblessur zu
Als Zuschauer und Experten intensiv über die Neuner-losen Bayern diskutierten, schraubte sich einer in Mittelstürmer-Position in die Luft und köpfte wuchtig zur Führung ein, mit dem man im Fünfmeterraum nicht gerechnet hatte. Eckball Kimmich, Kopfstoß Hernández – das 1:0 (50.). Die Bayern in der Folge elektrisiert, schalteten tatsächlich wie von Sportvorstand Hasan Salihamidzic gefordert zwei, drei Gänge hoch und überfuhren die verdutzten Spanier.
Pass von Jamal Musiala in den Laufweg von Sané, der den Ball an Deutschlands Nummer zwei, Marc-André ter Stegen, geschickt vorbeilegte ins lange Eck (54.).
Bayern drängte, drückte und dominierte – und emanzipierte sich von der Mittelstürmer-Diskussion. 2:0 – die beste Saisonleistung. Aber ein teuer bezahlter Erfolg. In seiner letzten Aktion zieht sich Lucas Hernandez eine Muskelblessur zu. Bitteres Ende.