Lena Lotzen: Die mit den Jungs spielt

Lena Lotzen bricht den Bann fürs DFB-Team. Die Bayern-Spielerin, von allen Seiten gelobt, hofft jetzt auf einen Aufschwung im Verein.
Växjö - Noch am Tag danach erschien Lena Lotzen mit einem Lächeln beim Frühstück. Überhaupt herrschte ja gute Laune vor dem Mannschaftshotel der Frauen-Nationalmannschaft im südschwedischen Växjö nach dem souveränen 3:0 im zweiten EM-Gruppenspiel gegen Island. Sandra Smisek und Kim Kulig an ihren Krücken hatten sich in Växjö auf die Steinstufen gehockt und fachsimpelten – auch Altgediente und Rekonvaleszenten sind erstaunt, wie eine junge Garde leicht und locker den Ballast der Vergangenheit abschüttelte.
Als sich am Montag nach dem Mittagessen der Mannschaftsbus an die Ostsee aufmachte – auf der schönen Insel Öland, dem schwedischen Urlaubsziel schlechthin, wird für das dritte Gruppenspiel in Kalmar gegen Norwegen (18 Uhr/live in der ARD) Station gemacht – begleitete viel Zuversicht die deutsche Delegation. Den Bann gebrochen hatte am Sonntagabend vor knapp sechs Millionen Fernsehzuschauern bekanntlich eine Spielerin des FC Bayern: Lena Lotzen heimste nicht nur wegen ihres ersten Länderspieltors zum wegweisenden 1:0 viel Lob ein.
„Ein unbeschreibliches Gefühl, das war für uns alle eine Riesenerleichterung“, sagte die Torschützin, deren zwölftes Länderspiel ein Schlüsselerlebnis parat hielt. „Irgendwann musste das ja mal passieren“, gab die 19-Jährige grinsend zu, ehe die Nummer neun ein Sonderlob der Bundestrainerin empfing. „Sie ist schnell, beidfüßig und hat sich taktisch hervorragend verhalten“, sagte Silvia Neid.
Die Chefin hat lange überlegt, wo sie die Torschützenkönigin der U 20-WM platzieren könne. „In der Mitte hat Lena starke Konkurrenz, da habe ich gefragt, ob sie auf außen ausweichen könne.“ Und wie sie das kann: Durchsetzungsvermögen und Tordrang sind auch am Flügel hilfreich. Dabei kommt der gebürtigen Würzburgerin zupass, dass sie bis zum 16. Lebensjahr vorwiegend mit Jungs zusammengespielt hat. „Höchberg hatte keine Mädchenmannschaft und mir hat das vom Athletischen mehr gebracht und immer Spaß gemacht“, erzählt sie. „Mit den meisten bin ich heute noch befreundet.“ Beim DFB-Stützpunkttraining sei sie einst das einzige Mädchen unter 117 Jungen gewesen. „Ich habe durchgezogen, die haben durchgezogen. Dann haben sie manchmal erst hinterher gemerkt: ‚Oh, da hat ein Mädchen mitgespielt’.“
Zum FC Bayern kam sie vor drei Jahren, und anfangs staunte sie, wenn wie die Stars beim Mittagessen an der Säbener Straße sah. „Leider haben wir nicht so viel Kontakt mit unseren Männern.“ Trotzdem fühlt sie sich in München bestens aufgehoben; Trainer Thomas Wörle gilt als exzellenter Talententwickler, „mit ihm schreibe ich mir während des Turniers immer Mails“, erzählt Lena Lotzen. Vierter sind die Bayern-Fußballerinnen zuletzt in der Frauen-Bundesliga geworden und nach dem DFB-Pokalsieg 2012 lud Präsident Uli Hoeneß sie sogar an den Tegernsee ein. Zur neuen Saison dürfen die Frauen im Stadion an der Grünwalder Straße spielen. „Es tut sich einiges“, sagt Lena Lotzen, „bei uns im Verein passiert das in kleinen Schritten.“ Auch wenn sie gerade in Schweden die ganz großen Fortschritte macht.