Lattek über Pep: "Ein exzellenter Mann, aber..."

Udo Lattek war Coach beim FC Bayern und beim FC Barcelona. Im Interview erklärt die Trainer-Legende, warum Pep Guardiola die richtige Wahl ist – der Coup aber auch große Risiken mit sich bringt.
AZ: Herr Lattek, Pep Guardiola wird nach Louis van Gaal, Richard Kohn und Ihnen der vierte Coach sein, der den FC Barcelona und den FC Bayern trainiert hat. Was sagen Sie zu Guardiolas Verpflichtung?
UDO LATTEK: Ich freue mich, auch wenn ich ihn persönlich nur vom ,Guten Tag' sagen kenne. Erstmal muss ich sagen: Von der Optik macht er doch einen guten Eindruck – das ist doch für die Damenwelt in München auch nicht so unwichtig.
Klar. Das Styling passt. Und fachlich?
Um Ihnen klarzumachen, was dieser Transfer bedeutet: Als mich meine Tochter letzte Woche angerufen und mir das erzählt hat, konnte ich das erst nicht glauben. Eine große Überraschung!
Also ein echter Coup.
Wenn man als Verein wie der FC Bayern so einen Trainer mit solchen fachlichen Voraussetzungen bekommen kann, muss man das machen. In Deutschland gibt es auch sehr gute Trainer, aber keinen wie ihn. Ein exzellenter Mann, der das Niveau der gesamten Mannschaft heben wird. Ein weiteres Plus: Guardiola trägt das gesamte Wissen der Barça-Schule in sich. Davon wird der FC Bayern bis in den Jugendbereich hinein noch Jahre profitieren. Dennoch sehe ich auch Risiken.
So? Welche denn?
Erstens: Guardiola hat noch nie bei einem anderen Verein als Barça gearbeitet – das wird also schon mal interessant. Zweitens bei der Zusammenstellung des Stabes, den er mitbringen möchte, könnte es Ärger geben – siehe Klinsmann oder van Gaal, die ja eine ganze Kompanie mitbrachten. Ansonsten denke ich, dass die Sprache der Schlüssel ist. Das birgt ein Risiko. Ich habe gehört, er spricht Spanisch, also Katalanisch, Italienisch und Englisch. Und Deutsch als Sprache ist nicht so einfach zu lernen. Ich hoffe, er hängt sich da richtig rein.
Wie wichtig ist, dass man die Landessprache beherrscht? Sie sind nach Ihrer ersten Bayern-Ära von 1970 bis 1975 sechs Jahre später zum FC Barcelona gewechselt.
Die Katalanen sind sture Leute, das kann ich Ihnen sagen. Ich hatte Mühe, meine Ideen und Konzepte zu vermitteln, da ich anfangs kein Spanisch beherrschte. Wenigstens hatte ich in der Schule sechs Jahre Latein und konnte einiges ableiten. Ich wollte damals nicht mit einem Dolmetscher arbeiten und habe denen gesagt: in ein paar Wochen kann ich Spanisch. Da waren die ganz baff, als ich meine erste Ansprache im Camp Nou auf Spanisch gehalten habe.
Bei Bayern scheiterte Trainer Giovanni Trapattoni in seiner ersten Bayern-Ära von 1994 bis '95 an der Sprachbarriere.
Damals habe ich Trap getroffen, er sagte mir: 'Udo, ich werde schon mit der Sprache zurechtkommen.' Leider ein Trugschluss. Es hat nicht funktioniert. Für einen Trainer ist es wichtig, die Scheu abzulegen. Man muss mit den Spielern unter vier Augen sprechen können, Inhalte und Anweisungen erklären können.
Wie Sie damals 1981 Barcelonas Superstar Diego Maradona.
Der war sowieso ein Sonderfall. Ein feiner Kerl. Aber wenn ich ihn mit Medizinbällen habe arbeiten lassen, hat ihm das nicht geschmeckt.
Das war dann Ihre Sprache.
Guardiola muss sich zusammenreißen und Deutsch pauken! Es gibt viel Arbeit. Man kann sich auch mit einem Mann seiner Klasse die Finger verbrennen. Am Ende geht es wie bei jedem Bayern-Trainer nur um den Erfolg. Wenn der ausbleibt, droht selbst ihm Ärger. Aber sie werden gemeinsam viel erreichen.
Wie sehen Sie das letzte halbe Jahr von Jupp Heynckes? In Gladbach war er einst Ihr Spieler, später Ihr Co-Trainer, 1987 dann Ihr Nachfolger auf der Bayern-Bank.
Jupp hat so viel Erfahrung, er wird das schaukeln. Wir waren nicht immer einer Meinung, haben sie uns aber dann auch gesagt. Das war wichtig. Ich drücke den Bayern und dem Jupp die Daumen für den Rest der Saison.
Mit wie vielen Titeln tritt Heynckes im Mai ab?
Mit mindestens einem. Die Meisterschaft lassen sie sich nicht mehr nehmen. Der Rest wäre Zugabe.