Laptop oder Leuthard
Vor dem Duell Bayern gegen Wolfsburg: Medizinbälle und Hanteln gegen Regeneratin und Eistonnen. Wie unterscheiden sich die Trainingsmethoden von Magath und Hitzfeld. Der große Check.
Den ersten Zug hat Felix Magath gemacht. Eine klassische Eröffnung. Aber der leidenschaftliche Schachspieler weiß, wie man den Druck auf seinen Gegner erhöht. „Der FC Bayern ist ein Spitzenclub in Europa. Alles andere als ein Finaleinzug wäre für die Bayern eine Blamage“, sprach Magath. Wahrlich nicht unclever – gerade nach den beiden Pleiten gegen Anderlecht (1:2) und in Cottbus (0:2).
Am 31. Januar 2007 war Magath nach eineinhalb Jahren und einem doppelten Double als Bayern-Trainer entlassen worden, zu Beginn der Saison trat er seinen neuen Job in Wolfsburg an. Seinen Multifunktionsjob. Magath ist Trainer, Manager und Geschäftsführer und Personalunion.
Lob von Hitzfeld
Und ein ganz anderer geworden als zu seiner Bayern-Zeit. Weil er durchatmen kann. „Für den FC Bayern ist es der schlechteste Fall, wenn er gewinnt. Der Normalzustand wäre, souverän zu gewinnen, der Idealzustand, schön zu gewinnen“, sagte Magath kürzlich und verglich: „In Wolfsburg ist schon Ruhe, wenn man mal gewinnt und von den Abstiegsplätzen weg ist.“ Dank Magath sind die Wölfe Liga-Siebter, in der Rückrunden-Tabelle auf Platz eins. „Riesenkompliment“, sagte Ottmar Hitzfeld über seinen einstigen Nachfolger, den er selbst letztes Jahr beerbte. Hitzfeld über Magath: „Er hat es geschafft, aus dieser Mannschaft eine Einheit zu formen.“ Mit seinen Methoden. Die sich konträr von denen Hitzfelds unterscheiden.
Laptop oder Leuthard: Mit Amtsantritt holte Hitzfeld den Physiotherapeuten Oliver Schmidtlein zurück, verpflichtete einen ganzen Fitness-Stab mit Konditions-Trainer Zvonko Komes und dem italienischen Sportwissenschaftler Riccardo Proietti für die „Trainingssteuerung“ (Hitzfeld) und die individuellen Schnellkraft- und Konditionsübungen, die er per Laptop über das System „Omega Wave“ überwacht. Magath („Die Verwissenschaftlichung des Fußballs ist nicht mein Ding. Ich habe noch nie einen Laktattest machen lassen.“) hatte für all das seinen Werner Leuthard, den er mit nach Wolfsburg nahm. Früher sechs Jahre bei der Bundeswehr führte Oberleutnant Leuthard die Bayern wie ein Regiment. Schönstes sportliches Erlebnis? „Mein erster einarmiger Klimmzug.“
Eisbäder oder Medizinbälle: Unter Magath/Leuthard hatten die Bayern-Spieler schon eine Phobie auf Medizinbälle und Hanteln, Leuthards beste Kumpel, entwickelt. Magath ließ die Profis in Hochhäusern und Stadien erbarmungslos Treppen rauf- und runterlaufen oder in Turnschuhen den Wallberg (1722 m) erwandern. Hitzfeld dagegen setzt auf Klinsmann’sche Regenerationsmethoden. Wie bei der WM 2006 steigen die Spieler nach den Partien auf den Fahrradergometer und in speziell vorbereitete Eistonnen, gefüllt mit bis zu fünf Kilo Eis. Drei Mal drei Minuten Schock-Erholung, ist aber nur eine Kurz-Qual verglichen mit den Magath-Methoden.
Reden oder Schweigen: Während Magath stets davon ausgeht, dass ein Profi weiß, was er zu tun hat und kaum noch etwas lernen müsse, lehrt Hitzfeld im Training das Fußball-ABC. Lukas Podolski beschwerte sich einst über den wortkargen Magath, der den früheren HSV-Coach Ernst Happel, seines Zeichens Grantler und Schweiger, als Vorbild bezeichnete. Hitzfeld dagegen bittet oft zum Einzelgespräch, sucht auch mit den jungen Spielern den Kontakt. Heute zeigt sich, ob Reden doch Gold ist.
Patrick Strasser