Lahm zerlegt die Bayern

Ausgerechnet am Tag des wichtigen Spiels gegen Schalke erscheint ein Interview, in dem der Vize-Kapitän den Trainer, vor allem aber die Vereinsbosse attackiert.
MÜNCHEN Dass die Stimmung angespannt und gereizt ist dieser Tage beim FC Bayern, hat nun auch Mark van Bommel, Kapitän und größter Befürworter des Trainers Louis van Gaal, festgestellt. „Bayern hat oft sehr dreckige Siege eingefahren, wenn es darauf ankam. Und alle waren danach zufrieden“, sagte er.
Der Beweistermin: Am Samstag ab 15.30 Uhr in der Allianz Arena. Der Negativtrend soll gestoppt werden. Für Unruhe aber wird – abgesehen vom Ausgang des Spiels - ein Interview in der Samstagausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ sorgen, das am Spieltag erscheint. Darin macht sich Philipp Lahm, immerhin der Vizekapitän, Gedanken über den Verein und die Zukunft des FC Bayern.
Wie er das schon mal getan hat. Bei Jürgen Klinsmann. Da war Lahm einer der ersten, der den Coach und seinen Hurra-Stil öffentlich kritisiert hatte. Nun stemmt sich Lahm gegen eine Entwicklung, die ihm lange missfällt. Und zerlegt Bayern im Handstreich.
Über Louis van Gaal und dessen Spielsystem:
„Wir haben enorme Probleme gegen Teams, die hinten drin stehen. Wir können keine Mannschaft auseinandernehmen“, sagt er. Eine Kritik am Spielsystem des Trainers. Im Übrigen attestiert er dem Niederländer zwar, „einen guten Blick dafür“ zu haben, „was fehlt“. Lahm: „Mir gefällt, wie viel Wert er auf Taktik legt. Er ist einfach ein Lehrer, den ich so noch nicht hatte.“ Gleichzeitig aber will Lahm erkannt haben, dass in er Mannschaft „viele noch so eine Mischung aus Respekt und Angst“ hätten. Außerdem sollte „ein Trainer nicht mit jedem Spieler gleich umgehen.“ Doch auch das lerne van Gaal gerade. Wohlgemerkt: Das sagt ein 25-Jähriger über einen 58-Jährigen!
Hier wird Lahm richtig deutlich. „Wenn man unsere Mannschaft mit anderen Topteams vergleicht, dann sind diese eben auf sieben, acht Positionen strategisch erstklassig besetzt – und das fehlt uns“, sagt er. Bayern fehle eine klare Philosophie. Im Spiel und bei den Transfers. Zwar habe der Verein ordentlich investiert – „aber ich glaube, in der Vergangenheit lief das mit den Transfers nicht immer glücklich. Vereine wie Manchester oder Barcelona geben ein System vor – und dann kauft man Personal für dieses System. Man holt gezielt Spieler – und dann steht die Mannschaft.“
Und die Bayern? Lahm: „Wir haben zum Beispiel Arjen Robben geholt, weil er ein sehr guter, internationaler Spieler ist. Aber wir haben ihn nicht geholt, weil wir gesagt haben: Okay, wir spielen jetzt künftig im 4-3-3-System. So etwas gibt es bei uns nicht: Dass der Verein etwas vorgibt und alles darauf aufgebaut wird.“ Deutlicher kann man die Kritik an Manager Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge kaum formulieren.
Über Bayerns Probleme im Mittelfeld:
Bayern fehle jemand, der den Ball nach vorne spiele. „Ich sehe unsere Spiele der letzten Wochen und frage mich: Wer soll das denn machen bei uns?“ Obwohl er ihn nicht nennt, eine Kritik an Kapitän Mark van Bommel. Anatoli Timoschtschuk sei als Sechser geholt worden, aber nach Robbens Transfer spiele man nur noch mit einem Sechser. Ein sinnloser Transfer? Lahm: „Oder er spielt wirklich auf der Sechs und nicht rechts im Mittelfeld.“