Lahm will wie Auge sein: Bei Anruf Disko
Philipp Lahm will sich Klaus Augenthaler als Vorbild nehmen für sein Kapitänsamt. Der Niederbayer pflegte einst einen geselligen Führungsstil.
MÜNCHEN Philipp Lahm ist Münchner. Und seit einer Woche der neue Kapitän des FC Bayern. Diese Konstellation hat es lange nicht gegeben. Viele gebürtige Bayern waren im Amt, etwa Raimond Aumann, der Augsburger, oder Lothar Matthäus, Geburtsort Erlangen. Ein fränkischer Bayer.
Doch wer ist sozusagen Lahms direkter Vorgänger? Der Katsche. Hans-Georg Schwarzenbeck, auch wenn der treue Vasall vom Giesinger Franz Beckenbauer nur ein paar Einsätze als Kapitän hatte in der Saison 1979/80. Also orientiert sich Lahm eher an Ur-Bayer Klaus Augenthaler (53), heute Trainer der SpVgg Unterhaching. Das Mannsbild aus Niederbayern war – einmal Libero, immer Libero – von 1984 bis 1991 Bayern-Kapitän, ganze sieben Jahre. So lange waren sonst nur Beckenbauer und Oliver Kahn an der Säbener Straße im Amt.
„Wie mir gesagt wurde, war Klaus Augenthaler ein sehr guter Kapitän, der das Wohl der Mannschaft immer im Auge hatte und dieses Wohl in seiner bayerischen Art vermittelt hat“, sagte Philipp Lahm der „Sport Bild“, „das ist mir sehr sympathisch.“
Legendär geworden als Begriff in den Bayern-Annalen ist Augenthalers Keller. Da traf man sich zur Aussprache, ohne Trainer. Ein niederbayerisch angehauchter Besprechungsraum in Vaterstetten als Quelle mannschaftsinterner Motivationssteigerung – wer es brauchte, nahm sich ein Weißbier als Hilfe. „Zur Brotzeit gibt’s eben in Bayern ein Weißbier“, sagt Augenthaler nun der AZ, „aber es war ja nicht so, dass wir uns da über die Maßen betrunken haben – sonst hätte sich ja auch später keiner mehr erinnern können, was wir besprochen hatten.“ Ob Lahm künftig zur Aussprache ins Vereinsheim des FT Gern lädt, da seine Mutter Daniela dort Jugendleiterin ist?
Wohl kaum. Zuletzt jedoch organisierte Lahm gemeinsam mit Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger nach der Rückkehr vom 3:1 in Bremen einen Mannschaftsabend im „Heart“. Augenthaler begrüßt solche Zusammenkünfte: „Das Wichtigste dabei ist: Die Spieler müssen es gerne machen, es darf kein Zwang sein, keine Pflichtnummer“, so der Haching-Trainer, „man muss als Kapitän eben sehen und aufmerksam verfolgen, was in einer Mannschaft läuft – und dann schnellstmöglich aufräumen. Der Trainer bekommt gewisse Dinge oft auch nicht so mit, es gibt ja zwei Kabinen: eine für die Spieler, eine für den Trainerstab.“
Lahm versteht sich als Kommunikator, will Grüppchenbildung verhindern, setzt auf Erfolg durch Spaß. Für Augenthaler der richtige Weg: „Wir waren zu meiner Zeit viel unterwegs. Fast nach jedem Auswärtsspiel haben wir mit acht, neun Mann etwas gemeinsam unternommen. Wir haben noch vorm Abflug in der Stadt des Spiels unsere Frauen angerufen, die haben uns dann nach der Landung abgeholt und dann ging’s zum Italiener essen oder wenn’s später wurde in die Disko.“ Auf eine Cola. Oder eine Whiskey-Cola.
Patrick Strasser