Lahm: Wer vertraut ihm jetzt noch?

Der Kapitän des FC Bayern und der Nationalelf hat sich entschuldigt. Wegen Interna in seinem Buch erntet er heftige Kritik – doch vom DFB wird Philipp Lahm nur ermahnt.
Patrick Strasser |
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Philipp Lahm - "Gelbe Karte" vom DFB für den Kapitän.
dpa Philipp Lahm - "Gelbe Karte" vom DFB für den Kapitän.

„Das tut mit leid”: Der Kapitän des FC Bayern und der Nationalelf hat sich entschuldigt. Wegen der Interna, die er in seiner Biografie ausplaudert,
wird er attackiert – doch vom DFB nur ermahnt.

München - Nur Gelb für Lahm. Glück gehabt. Und dabei kam die Sanktion noch vor seiner öffentlichen Entschuldigung. Sogar eine Rote Karte, ein Amtsenthebungsverfahren als Kapitän beim FC Bayern und in der Nationalelf wurde diskutiert, teils gefordert. Doch Philipp Lahm kommt davon, allerdings mit einem gewaltigen Imageschaden.

Am Donnerstag war trainingsfrei an der Säbener Straße. So konnten der 27-Jährige und sein Berater Roman Grill vernehmen, wie beinahe minütlich Reaktionen aus der gesamten Bundesliga auf den Buch-Autoren „Der feine Unterschied” (Kunstmann-Verlag, 265 Seiten, 19,90 Euro, Verkaufsstart am Montag) einprasselten. Also verfasste der Berater mit seinem wohl überraschten Klienten ein schriftliches Statement der Reue. „Ich wollte Rudi Völler, Jürgen Klinsmann und andere Personen selbstverständlich nicht persönlich treffen oder gar beleidigen”, heißt es darin. Und weiter: „Das tut mir leid. Für Missverständnisse, die auf diese Weise entstanden sind, entschuldige ich mich hiermit bei allen Beteiligten.” Ob’s hilft?

Werden ihm Rudi Völler, Felix Magath, Jürgen Klinsmann und Louis van Gaal, die heftig attackierten Trainer seiner Karriere – ausgenommen der aktuelle Bundestrainer Joachim Löw sowie Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes – verzeihen? Lahm hat ein böses Eigentor erzielt. Die Frage der nächsten Zeit wird sein: Wer aus dem Profigeschäft vertraut ihm jetzt noch?

Zumindest der Bundestrainer Löw sagte gestern: „Es gibt einige Passagen in dem Buch, die mir nicht gefallen, weil hier ein Spieler einige Trainer, die lange und erfolgreich gearbeitet haben, öffentlich beurteilt. Auch darüber werden wir in der kommenden Woche sprechen.” Am Montag trifft sich die Nationalelf vor dem Österreich-Länderspiel (2. September in Gelsenkirchen) in Düsseldorf, ein unangenehmer Termin für Lahm. Er muss sich der DFB-Spitze, den Trainern und den Mitspielern erklären – einbestellt zum Rapport.

„Philipp Lahms Einlassungen sind völlig unangemessen und zurückzuweisen”, urteilte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach. Milder dagegen Präsident Theo Zwanziger: „Philipp hat für mich den Fehler gemacht, dass er die durch die Vorab-Veröffentlichung seines Buches entstehende Eigendynamik und mögliche Interpretationen nicht richtig eingeschätzt hat.” Deutlicher wurde Teammanager Oliver Bierhoff: „Wir wollen zwar mündige Spieler, die auch mal klar ihre Meinung sagen. Im konkreten Fall hat Philipp allerdings die Grenzen überschritten. Es war aber nach Bewertung des gesamten Buches für uns zu keinem Zeitpunkt ein Thema, Philipp als Kapitän abzusetzen, wie das schon von einigen spekuliert wurde.”

Lahms Mitteilungsbedürfnis hatte in den letzten 48 Stunden einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Leverkusens Trainer Robin Dutt schimpfte: „Das ist ein absolutes Tabu-Thema. Man kann nur froh sein, dass man nicht Teammitglied von Philipp Lahm ist, weil man nicht weiß, was in den nächsten fünf Jahren veröffentlicht wird.” Fredi Bobic, Sportdirektor des VfB Stuttgart, sagte: „Es kann nicht sein, dass man über Trainer herzieht. Ich würde ihm nie mehr was erzählen. Es wird ihm schaden, Gratulation dazu! Muss er als aktueller Spieler ein Buch schreiben? Welchen Nutzen hat das? Es ist das Schlechteste, was du als Spieler machen kannst!”

Als einer der Betroffenen des Rundumschlags äußerte sich gestern Wolfsburgs Trainer Felix Magath: „Jeder, der ein Buch schreibt, will dieses Buch ja auch verkaufen; sprich: Geld damit verdienen”, sagte er. Und: „So wird man keine Persönlichkeit!” Ebenfalls nicht verkneifen konnte sich Magath den dezenten Hinweis: „Bevor ich ihn nach Stuttgart geholt habe, hat er im bezahlten Fußball keine Rolle gespielt.” So undankbar ist die Welt.

Da Lahm nun straffrei bleibt, fehlen Löw und dem DFB bei künftigen verbalen Indiskretionen anderer Profis Argumente für mögliche Strafen. Thomas Berthold, Ex-Nationalspieler, forderte bei „LigaTotal!”: „Es gibt einen Ehrenkodex im Nationalteam: Interne Vorgänge bleiben intern! Als Kapitän des DFB-Teams ist er nicht mehr tragbar.

Dokumentation: Die Erklärung Lahms im Wortlaut

Dokumentation: Die Erklärung des DFB im Wortlaut

 

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