Lahm und das Bayern-Beben

Philipp Lahm bekommt für seine Kritik an den Bossen die höchste Geldstrafe der Bayern-Geschichte aufgebrummt, Fans pfeifen auf van Gaals Fußball, und bei der Mitgliederversammlung droht Zoff.
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MÜNCHEN - Philipp Lahm bekommt für seine Kritik an den Bossen die höchste Geldstrafe der Bayern-Geschichte aufgebrummt, Fans pfeifen auf van Gaals Fußball, und bei der Mitgliederversammlung droht Zoff.

Das Nachbeben erfolgte am Sonntagnachmittag um fünf nach zwei. Da versandte die FC Bayern München AG eine Presseerklärung mit der nüchternen Überschrift: „Geldstrafen für Philipp Lahm und Luca Toni“. Eine Rekordgeldstrafe beim Rekordmeister, „wie es sie in dieser Höhe beim FC Bayern München noch nicht gegeben hat", lässt sich Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zitieren. Die Nachrichtenagentur „dpa“ spekuliert, die Strafe müsse in einem Bereich „über 50 000 Euro“ liegen. Gar im sechsstelligen Bereich?

Auch die Intonierung der Verlautbarung ist scharf, wie es selten eine Erklärung des Vereins in seiner 109-jährigen Geschichte gewesen ist. Kernsatz: „Philipp Lahm hat als stellvertretender Mannschaftskapitän (...) in eklatanter und unverzeihlicher Art und Weise gegen interne Regeln verstoßen.“

Unverzeihlich? Das klingt nicht danach, dass das Geld für Lahm die einzige Buße sein wird. Es könnte ungemütlich werden für den Vize-Kapitän, der mit einem Rundumschlag-Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ den gesamten Verein, seine Philosophie, die sportliche Ausrichtung, die Transferpolitik, das Spielsystem, die Mitspieler und schließlich Trainer Louis van Gaal – wenn auch noch am gemäßigsten von allen Punkten – kritisiert hatte.

Während die Bosse am Sonntag die Strafe aussprachen, wurde tags zuvor nach dem Fußballspiel, das zwischen der Lektüre des Interviews und der Aufarbeitung tatsächlich stattfand, über Lahm gerichtet. Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Das 1:1 gegen den FC Schalke bedeutete Stagnation statt Fortschritt. Überlagert wurde die maue, von Vorsicht und Respekt geprägte Partie durch das Lahm- Beben. „Philipp ist über das Ziel hinausgeschossen. Sie können sich sicher sein, dass er das Interview noch bedauern wird“, sagte Manager Uli Hoeneß mit triumphierendem Lächeln. Und später mit zusammengekniffenen Lippen: „Die Meinung, dass er ein guter rechter Verteidiger ist, hat Philipp Lahm ziemlich exklusiv.“

Es wurde also auch noch persönlich. Auch Luca Toni, der per Ego-Trip das Stadion nach seiner Auswechslung zur Pause eine Viertelstunde später bereits fluchtartig verlassen hatte, bekam Rüffel und Geldstrafe. Ein Verein, das Management, ein Trainer, sie haben ihre Spieler nicht mehr im Griff. Es brodelt.

Der FC Bayern agiert in der Saison eins nach dem gescheiterten Harakiri-Experiment Jürgen Klinsmann auf allen Ebenen unter der Gürtellinie. Lahm war nur der Auslöser für einen Sog, der den Verein sportlich noch weiter nach unten ziehen könnte. In der Liga nur auf Platz acht, in der Champions League kurz vor dem Aus – das sind die Fakten. Das macht Lahm Angst. Und die hätten die Spieler auch vor Trainer van Gaal, der noch seine Linie sucht – und vor allem den Erfolg. Schöner Fußball? Aufgeschoben! Franz Beckenbauer nennt das Gekicke „langweilig“.

Die Fans pfeifen drauf. Im Spiel gegen Schalke wurde ein Transparent zwischen Mittel- und Unterrang „van Gaal raus“! in der 22. Minute von Ordnern abgenommen.

Es könnte lustig werden am 27. November bei der Jahreshauptversammlung. Uli Hoeneß soll zum Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt werden. Ein Triumphmarsch sollte inszeniert werden. Nun droht ein weiteres Beben, ein Aufstand der Fans.

Patrick Strasser

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