Lahm, Schweinsteiger, Neuer: Reif für die Insel
Die acht Profis des FC Bayern München haben nach dem Aus im EM-Halbfinale drei Wochen Zeit, ihre Wunden zu lecken. Für Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger wird es jedoch langsam eng, eine Ära zu prägen.
München - Die Vorfreude auf den Trainingsstart bei Bayern München sei „riesig“, behaupten die Neuzugänge um Xherdan Shaqiri. Für acht andere Profis des Rekordmeisters ist der Termin am Dienstag jedoch ganz weit weg, gedanklich und geografisch. Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Co. lecken noch ihre EM-Wunden, mit Fußball wollen sie momentan nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.
Vier Wettbewerbe, kein Titel: Die deutschen Nationalspieler der Bayern sind reif für die Insel. Drei Wochen gönnt Bayern-Trainer Jupp Heynckes den Gescheiterten, um ihren Körper, vor allem aber den Geist aufzufrischen. Der Dienstbeginn von Lahm, Schweinsteiger, Manuel Neuer, Holger Badstuber, Thomas Müller, Toni Kroos, Jerome Boateng und Mario Gomez wird nach derzeitigem Stand am 22. Juli sein, wenn die Bayern zu einer fünftägigen China-Reise aufbrechen.
Bis dahin, sagte Manuel Neuer nach dem 1:2 gegen Italien im EM-Halbfinale, werde er sich „jetzt erst einmal nicht mit Fußball beschäftigen, sondern versuchen, zur Ruhe zu kommen“. Nach der Rückkehr von Warschau nach Frankfurt/Main am Freitagnachmittag war der Torwart mit seinen Münchner Kollegen schnell in einem eigens bereitgestellten Learjet verschwunden – Ziel unbekannt.
Knapp fünf Wochen nach dem „Drama dahoam“ hatten die Bayern bei der EM die nächste herbe Enttäuschung erlebt. Wieder wurde es nichts mit dem ersehnten internationalen Titel. Auf eine Ära, eine Goldenen Generation, die Lahm und Schweinsteiger so gerne prägen würden, deutet wenig hin. Lahm sprach von einer „Riesenenttäuschung“. Entsprechend fiel es ihm schwer, den Blick nach vorne zu richten. „Jetzt haben wir ein paar Wochen Urlaub, da heißt es, den Akku aufzuladen, zu regenerieren. Und dann geht wieder alles von vorne los. Dann werden wir wieder hart arbeiten für den nächsten Erfolg.“
Der aber liegt erst mal in weiter Ferne. Deshalb wird auch Heynckes die erneute Pleite seiner gefallenen Stars mit wenig Begeisterung verfolgt haben. Wenn seine EM-Teilnehmer ihren Urlaub beendet haben, ist er vor allem als Psychologe gefragt. Inklusive Arjen Robben, Franck Ribery und Anatoli Timoschtschuk muss sich der 67-Jährige dann um elf Spieler kümmern, denen der Makel anhaftet, keine großen Spiele gewinnen zu können.
Bei Schweinsteiger hat die EM nicht nur im Kopf Spuren hinterlassen. Der Mittelfeldchef, der diesmal keiner war, schleppte sich durchs Turnier – gehandicapt durch Verletzungen, die ihn schon während der Saison behindert hatten. Auch gegen die Italiener setzte er keine Akzente, wirkte urlaubsreif und angeschlagen. Er wird mit einigem Ballast zu den Bayern zurückkehren.
Auch deshalb sind die Münchner derzeit dabei, ihren Kader zu vergrößern. Nach der WM 2010 hatten die Alternativen gefehlt, die vom Turnier müden Spieler adäquat zu ersetzen. Bisher haben die Bayern sechs Neue erpflichtet, auf der Wunschliste steht weiter Javi Martinez von Athletic Bilbao. Der absolvierte am Sonntag mit Spanien aber noch das EM-Finale in Kiew. Auch für ihn ist der Trainingsauftakt der Bayern am Dienstag ganz weit weg.