Kurzer Prozess für Hoeneß?
München - Uli Hoeneß will sich nicht mehr zur Steueraffäre und zur erhobenen Anklage (AZ berichtete) äußern. „Ich sage nichts dazu, weil es dazu nichts mehr zu sagen gibt“, sagt er der Bild-Zeitung. Nicht nur die Frage, wie lange Hoeneß noch Aufsichtsratschef des FC Bayern bleiben kann, ist offen. Wie könnte ein möglicher Prozess ablaufen? Was droht Hoeneß? Die AZ gibt Antworten.
Ist der Prozess gegen Uli Hoeneß öffentlich? Ja. Die Öffentlichkeit ist nicht ausgeschlossen, auch wenn es sich um eine Steuerstrafverfahren handelt und auch für Steuerstrafverfahren das Steuergeheimnis gilt.
Wie lange gilt das Steuergeheimnis? Bis zur Verlesung der Anklage durch den Richter am Landgericht München II. So lange bleibt es spannend. Zuvor dürfen keine Einzelheiten bekannt gegeben werden. Das wäre ein Bruch des Steuergeheimnisses.
Muss Hoeneß persönlich erscheinen? Ja. Die Verhandlung beginnt mit der Feststellung seiner Personalien.
Wird der Richter die genauen Zahlen von Hoeneß’ Konto verlesen? In der Anklage wird stehen, um welches Konto es sich handelt und welche Erträge daraus pro Veranlagungszeitraum erzielt und nicht versteuert wurden. Die Staatsanwaltschaft hat in der Anklage ihre Ermittlungen zusammengefasst und eine rechtliche Würdigung dazu abgegeben. Die einzelnen Kontobewegungen werden keine Rolle spielen.
Ist jetzt mit der Anklage klar, dass Hoeneß’ Selbstanzeige ungültig ist? Nein. Ob er sie rechtzeitig und vollständig abgegeben hat, ist der Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die Selbstanzeige nicht wirksam ist. Deshalb hat sie Anklage erhoben. Nun prüft das Gericht, ob es dafür tatsächlich einen „hinreichenden Tatverdacht“ gibt. Kämen die Richter zu dem Schluss, die Selbstanzeige sei in Ordnung, wird ein Prozess erst gar nicht zugelassen. Weil Hoeneß dann ja keine Strafe befürchten muss. Das ist eher unwahrscheinlich. Haben die Richter nur den geringsten Zweifel, lassen sie die Anklage zu. Dann kommt’s zum Gerichtsverfahren. Im Rahmen der Beweisaufnahme wird geklärt, ob die Selbstanzeige gültig ist, oder nicht.
Kann Hoeneß auf strafmildernde Umstände hoffen? Ein Geständnis hat Hoeneß praktisch mit seiner Selbstanzeige abgelegt. Er wollte alles auf den Tisch legen, hat extra noch zusätzlich einen Steuerfahnder, der sich in Altersteilzeit befand, hinzugezogen. Es waren die Experten, die er engagiert hatte, die die Selbstanzeige vermasselt haben: Weil’s ganz schnell gehen musste, und der „Stern“ bei seiner Schweizer Bank schon Fragen gestellt hatte. Das wiederum spricht gegen ihn.
Wie die AZ berichtete, hat Hoeneß sich reumütig gezeigt und mit seiner Steuererklärung gleich zehn Millionen Euro Abschlagszahlung an das Finanzamt überwiesen. Es soll in dem Fall um eine Steuerschuld von 3,2 Millionen Euro gehen. Seine Anwälte werden als Milderungsgründe anführen, dass es einen Bruch des Steuergeheimnisses gegeben habe, und dass der Präsident des FC Bayern somit seit Monaten weltweit als Steuerhinterzieher am Pranger steht.
Beim Prozess gegen Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel wurde das vom Gericht als Strafmilderung angesehen. Zumwinkel wurde vor laufender Kamera abgeführt, verlor damals seinen Job und floh aus Deutschland. Bei Hoeneß’ Hausdurchsuchung und Verhaftung am 20. März in Bad Wiessee waren die Fahnder ganz diskret. Erst vier Wochen später wurde der Fall öffentlich. Seinen Job hat er noch, Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt im noch die Hand. Und im Stadion sitzt er wie eh und je auf der Ehrentribüne.
Wie lange muss Hoeneß vor Gericht? Er kann mit einem kurzen Prozess rechnen. Bei Zumwinkel wurde das Urteil schon am zweiten Verhandlungstag verkündet. Er hatte damals zwischen 2002 und 2006 Steuern in Höhe von 967815,96 Euro hinterzogen, die noch nicht verjährt waren. So kam der Top-Manager mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe und der Zahlung von einer Million Euro davon.
Thomas Eigenthaler ist Bundesvorsitzender der DSTG, der Deutschen Steuergewerkschaft und spricht über mögliche Konsequenzen.
AZ: Was droht Uli Hoeneß?
Eigenthaler: Dass die Staatsanwaltschaft nun Anklage vor dem Landgericht erhoben hat, ist kein gutes Zeichen für Herrn Hoeneß. Die Staatsanwaltschaft geht wohl davon aus, dass die Selbstanzeige unwirksam war und dass es sich um einen besonders schweren Fall handelt. Die Frage einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung könnte sich stellen. Die Selbstanzeige könnte aber auch strafmildernd wirken.
Was bedeutet es, dass die Anklage vor dem Landgericht und nicht vor dem Amtsgericht erhoben wurde?
Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Optionen: 1. eine Anklage vor dem Amtsgericht, 2. eine vor dem Landgericht. Bei letzterem werden in der Regel Fälle von besonderer Bedeutung oder Umfang verhandelt. Drei Richter und zwei Schöffen werden sich mit dem Fall beschäftigen. Zudem kann es bedeuten, dass die Verjährung zehn Jahre und nicht nur fünf Jahre beträgt.
Was ist Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall?
Wer im Jahr mehr als 50000 Euro an Steuern hinterzieht, bei dem liegt ein besonders schwerer Fall vor.
Die Verteidigung von Hoeneß sprach von zwei Jahren auf Bewährung und 720 Tagessätzen. Ist das realistisch? Es hängt von dem Umfang der Steuerschuld ab. Die Verteidigung ging aber wohl von einer Verjährungsfrist von nur fünf und nicht zehn Jahren aus.
Wie hoch sind solche Tagessätze? Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach dem monatlichen Nettoeinkommen: Das geteilt durch 30 ergibt den Tagessatz und ist somit von Fall zu Fall verschieden.
Welches Strafmaß könnte Hoeneß drohen?
Das ist noch nicht abzuschätzen. Es könnte mildernde Umstände geben: Zum einen hat sich Herr Hoeneß selbst angezeigt, zum anderen wird er den Vorwurf vor Gericht gestehen.
Gibt es sonst noch Strafmilderungsgründe?
Gesundheitliche Gründe können eine Rolle spielen, sind aber nicht zwingend und müssen erst nachgewiesen werden. Strafmildernd könnte sich auswirken, dass Hoeneß Ersttäter ist.