Kraft ist die Nummer 1
MAINZ Wenn es dumm läuft für ihn, war diese zweite Halbzeit in Mainz bereits das Abschiedsspiel von Jörg Butt als Torhüter des FC Bayern. Eine starke Parade, ein Gegentor – der unerwartet aktive Samstagabend des 36-Jährigen bescherte Butt nach der Pause seinen 57. Bundesliga-Einsatz im Bayern-Trikot. Und womöglich auch seinen letzten.
Kurz vor der Halbzeit hatte es Stammkeeper Thomas Kraft erwischt, im Kampf um den Ball hatte ihn der Mainzer Petar Sliskovic mit dem linken Schuh am Kopf erwischt. Kraft blieb benommen liegen, wurde behandelt. Der Rest der ersten Halbzeit zog an ihm vorüber, er riss sich zusammen – doch zur Pause gab der 22-Jährige das Signal, dass nichts mehr geht. „Im Moment ist er noch ein bisschen von dieser Welt. Ich denke aber nicht, dass es für Mailand ein Problem ist”, sagte Trainer Louis van Gaal. Die Auswechslung war eher eine Vorsichtsmaßnahme. Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwoch bei Inter Mailand wird Kraft, der eine Schädelprellung erlitt, wieder in der Welt sein, im San Siro.
Butt machte seine Sache ordentlich. Es war sein erster Einsatz seit dem Pokal-Achtelfinale am 22. Dezember in Stuttgart (6:3), im Wintertrainingslager in Doha hatte ihm van Gaal eröffnet, dass Kraft die neue Nummer eins sei. Geschockt, aber ohne ein böses Wort, zog sich Butt ins zweite Glied zurück, immerhin weiß er, dass er einen Vertrag als Nachfolger von Jugendkoordinator Werner Kern erhält.
„Jörg ist eine tolle Persönlichkeit”, lobte ihn Sportdirektor Christian Nerlinger, „deshalb wollen wir ihn als Jugendleiter. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest.” Ob Butt noch ein Jahr als weitermacht, hängt auch von Kraft beziehungsweise einer Verpflichtung von Manuel Neuer ab.
Bei „Sky” sprach sich Ex-Nationalkeeper Jens Lehmann für Butt aus, die Routine und der Revanchegedanke des verlorenen Finals spräche für ihn. Doch Butt hat keine Chance, sagte van Gaal am Samstag: „Thomas Kraft ist unsere Nr. 1 und nicht Jörg Butt." Im ZDF-Sportstudio machte er Butt für das 1:3 durch Allagui verantwortlich: „Pranjic kann da nichts machen. Ich denke, dass Butt etwas mehr hätte machen können.”
Ein anderer, der in Mainz eingewechselt wurde, erfährt höhere Wertschätzung: Toni Kroos. Der Mittelfeldspieler kam nach seiner zehnwöchigen Zwangspause wegen seiner Stressreaktion im linken Mittelfuß in der 64. Minute in die Partie und durfte auf seiner Zukunftsposition neben Bastian Schweinsteiger im Zentrum ran. „Das war eine schöne Wertschätzung, dass ich nach nur zwei Trainingseinheiten schon wieder ran durfte”, sagte der 21-Jährige. Van Gaal lobte: „Er hat aber gleich voll ins Spiel gefunden. Er ist auf vielen Positionen einsetzbar, am stärksten sehe ich ihn im defensiven Mittelfeld. Egal wo – für mich ist er ein Stammspieler. Aber in Mailand wird es noch nicht für 90 Minuten reichen.”