Krach der Alphatiere Sammer und Heynckes

Nach Sammers öffentlicher General-Kritik an den Bayern („Nicht gallig! Lätschert!”) keilt Trainer Heynckes nach dem 1:3 gegen Borisov zurück – und wirft dem Sportvorstand „Populismus” vor
von  Filippo Cataldo

MINSK Der Pianist spielte den Sinatras „My Way”, das passte. Weniger passend war der Name des Ortes. „Dolce Vita” heißt das Restaurant im Minsker Crowne Plaza, in das die Bayern zum Mitternachtsbankett geladen hatten. Süß war die Stimmung am Dienstag nicht bei den Roten. Was weniger an der uninspirierten Leistung und der folgerichtigen 1:3-Niederlage gegen Borisov – der ersten Pleite nach neun Siegen hintereinander – lag. Sondern vielmehr am ersten öffentlichen Knatsch zwischen Jupp Heynckes und Matthias Sammer.

Völlig überraschend hatte der Trainer vor dem Spiel bei Sky den Sportvorstand barsch für dessen Generalkritik („nicht gallig, nicht bissig, sondern lätschert. Wenn wir so weitermachen, bekommen wir Probleme”) vom Samstag angegriffen. „Mit der Form, Art und Weise war ich nicht einverstanden, das habe ich ihm auch gesagt. Es ist wichtig, dass man konstruktiv kritisiert, dass es angemessen ist und nicht überzogen. Ich denke, dass die Kritik überzogen war. Ich finde auch, wir sollten die Kritik intern machen und nicht extern”, so Heynckes. Sammer reagierte ebenfalls bei „Sky” – und einigermaßen gereizt: „Ich habe es nicht zur Mannschaft gesagt. Wenn ich pauschal etwas sage über eine Mannschaft, dann muss man das nicht vorher tun, und Einzelne kritisiere ich sowieso nicht in der Öffentlichkeit. Das war in der Wortwahl völlig harmlos.”

Nach diesem Fern-Scharmützel vor den Kameras stellten Heynckes und Sammer die Kommunikation am Dienstag weitestgehend ein. Beim Bankett schaufelten sie wortlos das Essen in sich hinein, Mannschaftsarzt Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Vizepräsident Fritz Scherer fungierten als Puffer. Keine halbe Stunde nach Beginn des Banketts verließ Heynckes mit der Mannschaft das Restaurant.

Wie sehr den Trainer die von Sammer angestoßene Diskussion gewurmt haben muss, wurde am nächsten Tag deutlich. Kurz vor dem Abflug nach München legte Heynckes nämlich noch einmal nach. En passant unterstellte er im Plauderton dem seit noch nicht ganz 100 Tagen amtierenden Sportvorstand, den FC Bayern noch nicht ganz verstanden zu haben. „Ich kenne das ganze Gebilde FC Bayern. Das ist nichts Persönliches gegen Matthias. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass es ganz wichtig ist, solche Dinge nicht nach außen zu tragen”, sagte Heynckes – und legte sogar noch nach: „Das ist Populismus, und den können wir nicht gebrauchen.” Das saß! Dass Heynckes zwar grundsätzlich feststellte, „sehr gut” mit Sammer zusammenzuarbeiten und die beiden „in täglicher Kommunikation seien”, konnte die Situation dann auch nicht mehr entschärfen.

Klar, Heynckes kennt den FC Bayern aus dem EffEff, er war schon 1987 bis 1991 Trainer beim Klub. Er will als alphatier wahrgenommen werden und muss sich positionieren. Doch bei dieser Frage bewegt er sich außerhalb des Trends. Außer Heynckes scheint nämlich niemand etwas zu haben gegen die Motzki-Anfall von Sammer, erst recht ein Anphatier. Noch am Montag hatte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge den Sportvorstand ausdrücklich gelobt für dessen Worte, „er darf das”, hatte auch Kapitän Philipp Lahm gesagt. Und selbst Präsident und Heynckes-Freund Uli Hoeneß, das größte alphatier der Bayern, gab sein ausdrückliches Okay (siehe unten). Weitere Anfälle sind programmiert. 

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