Klose hat Salto-Verbot – damit die Kinder sich nicht weh tun

Der „schlaue Stürmer“, wie ihn Trainer van Gaal nennt, fällt endlich wieder als Torjäger auf. Jetzt will er auch in der Bundesliga wieder treffen – und sich künftig nur beim Jubeln einschränken.
MÜNCHEN „Was hat er gesagt? Das glaube ich nicht.“ Miroslav Klose lächelte. So als wolle er das Kompliment noch mal hören. Der Reporter wiederholte: „Louis van Gaal hat nach dem 4:0 in Frankfurt gesagt, dass Sie ein schlauer Stürmer seien.“ Klose grinste: „Ich wusste ja, dass ich nicht ganz so dumm bin. Wenn der Trainer das sagt, glaube ich ihm."
Ob Klose, der Doppel-Torschütze des Pokalabends, aber ein wirklich cleverer Stürmer ist, wird sich laut van Gaal am Samstag in Stuttgart (15.30 Uhr) und in den kommenden Wochen zeigen. „Ich bin sehr froh für Miro", sagte der Coach, „aber ich hoffe, dass er solch eine Leistung auch in den nächsten Spielen zeigen kann. Denn das ist wichtig: Nicht nur in einem Spiel." Und weil Klose schlau ist, kündigte er an: „Ich habe in dieser Saison in der Bundesliga noch nicht getroffen, da stelle ich mir natürlich eine andere Quote vor. Wie sagt man so schön: Ein Stürmer wird ja an seinen Toren gemessen."
Es war Kloses erstes persönliches Erfolgserlebnis für Bayern seit dem 10. März, eine höllische Ewigkeit für einen Torjäger. Beim 7:1 in der Champions-League gegen Lissabon war es auch noch ein unbedeutender Treffer, ein Elfmeter zum 6:1. Seitdem: Eine Verletzung, Reha, Flaute, Zweifel, Verunsicherung, hochgerechnete Versagerminuten. Bis Mittwochabend. Zwei Treffer, eine Jubelgeste. Nach den Toren spreizte er mit der rechten Hand drei Finger ab - einen für jedes Familienmitglied, seine Frau Sylwia sowie die Zwillinge Luan und Noah.
Was war los? Kein Salto wie zuletzt nach dem Siegtreffer im WM-Qualifikationsspiel in Moskau gegen Russland, als er zum 1:0 traf? Da hatte ihn spontane Freude übermannt, eigentlich hat sich Klose ein Saltoverbot auferlegt. Nicht wegen der Verletzungsgefahr jetzt im Herbst, wenn der Rasen immer härter wird. Bei einer missglückten Landung hatte er sich im Oktober 2008 eine Oberschenkelblessur zugezogen. Nein, er übt Verzicht wegen der Zwillinge. „Meine Kids haben versucht, den Salto zu Hause nachzuturnen, und das ist eben zu gefährlich. Bei uns auf dem Parkett ist das keine so gute Idee“, sagte Klose. Und Klose ergänzte: „Ich hätte den Salto in Frankfurt ruhig machen können. Die Kinder sind schon im Bett. Aber ich kann ja auch anders jubeln." Im Sinne der Familie.
Klose ist Familienmensch
„Wenn ich nach Hause komme, die Tür hinter mir zufällt, dann bin ich wieder ganz allein der Familienvater. Das ist für mich das Entscheidende", betont er. Als er 2005 Vater wurde, nahm ihn das emotional so mit, dass die Hilfe eines Psychologen in Anspruch nahm. Klose verriet damals: „Ich konnte mich eine Zeit lang nicht auf Fußball konzentrieren, weil es für mich nicht mehr das Wichtigste auf der Welt war. Meine Gedanken waren ständig zu Hause bei meiner Familie. Ich wusste gar nicht, was los war, bis ich mit dem Psychologen der Nationalmannschaft gesprochen habe." Es funktionierte. Klose: „Er hat mir das wirklich sehr logisch erklärt. Er hat gesagt, mach dir keine Sorgen, das ist normal und geht auch wieder vorbei. Er hatte Recht. Zwei Wochen später habe ich wieder Tore geschossen." Für die Familie.
Er ist Mannschaftsmensch. Auf seine Tore angesprochen, baut er in die Antwort meist ein „wir" statt eines „ich" ein. Wenn Klose mit seiner trockenen Art jedes Wort in ein- und derselben Tonlage ausspricht, erschrickt man, wenn er plötzlich einen raushaut: „Wenn ich unsere Offensive mit Luca Toni, Mario Gomez, mit Olic, Ribéry und Robben betrachte, sehe ich in Europa kein höheres Potenzial." Ein Sprüche-Salto.
Patrick Strasser