Klinsmanns Gegenoffensive
Taktik-Sitzung der Spieler ohne den Trainer? Der Bayern-Coach dementiert engagiert und droht: „Dann hau ich denen ein Brett zurück!“
MÜNCHEN Jürgen Klinsmann ging in die Offensive. ARD, ZDF, Premiere – überall sprach der Bayern-Trainer am Tag vor dem 0:0 bei Werder Bremen, gab Interviews in eigener Sache. Um sich zu rechtfertigen? Dass beim FC Bayern immer „eine gewisse Anspannung“ herrsche, wisse er, „da ist es nie total relaxt - so muss es sein. Es ist einer der besten, der größten Klubs der Welt", sagte Klinsmann im ZDF. Seine Botschaft: „Letztlich entscheidet hier nur einer, wie zu spielen ist: der Trainer.“
Hintergrund: Die AZ und andere Zeitungen hatten am Freitag berichtet, dass es vor dem 5:0 am Mittwoch in der Champions League in Lissabon eine Spielersitzung gegeben habe, in der es um die Taktik gegangen sei. Es war der Wunsch des Teams, wie zuvor in einigen Interviews von Philipp Lahm oder Miroslav Klose geäußert, defensiver zu agieren. Danach wurde der Trainer miteinbezogen. Der Vereins versandte am Freitag eine Erklärung, in der Kapitän Mark van Bommel ausrichten ließ, es habe keine Sitzung ohne Trainer gegeben. Dazu Klinsmann im ZDF: „Zum einen gab's diese Sitzung nicht. Aber wenn es sie gegeben hätte, würde ich es für gut halten. Aber so kam es anscheinend nicht, zumindest habe ich das mit den Spielern so besprochen.“ Was auch immer.
Franz Beckenbauer hat eine spezielle Meinung zu den Vorgängen. „Der Trainer muss im ständigen Dialog mit den Spielern sein, zumindest mit den wichtigsten, dem Spielerrat. Dann sagen die Spieler: Trainer, wir haben drei Spiele verloren, lass uns wieder kontrollierter spielen“, sagte der Bayern-Präsident bei „Premiere". „Wenn du siehst, der Trainer schwächelt, er wankt und tut sich schwer mit Entscheidungen, dann musst du als Kapitän eingreifen und den Trainer unterstützen, dann tut er sich auch leichter." Was will uns der Kaiser nun sagen: Dass Klinsmann wankt?
Den Coach jedenfalls nervt, dass „bei uns permanent versucht wird, irgendwie einen Keil reinzutreiben". Er nennt die Storys um die Spielersitzung ohne ihn „komplett erfunden, falsch und auch ein bisschen bösartig“. Der Trainer weiter: „Wenn du 5:0 in Lissabon gewinnst und dann kommen noch welche, die irgendwo den Neid zeigen und Dinge erfinden, hört es irgendwo auf. Dann hau’ ich denen auch ein Brett zurück.“ Deshalb die Gegenoffensive.
An der sich am Sonntag nach der Partie auch Manager Uli Hoeneß lautstark beteiligte. „Es hat sich längst herausgestellt, dass es eine Sauerei war, eine Ente“, polterte er und schimpfte: „Wir haben 5:0 gewonnen, und dann kriegst du am Tag danach 80 Prozent negative Presse. Das ist doch der Witz des Jahres. Dann müssen die doch herkommen und Namen nennen." Dazu nur so viel: Es war ein Nationalspieler, der der AZ das Detail mit dem Spielertreffen geliefert hatte.
„Es scheint Erklärungsbedarf da zu sein, sonst würde man es nicht so intensiv betreiben“, meinte Ex-Bayern-Trainer Udo Lattek im DSF. Und: „Da kann etwas im Verhältnis Trainer-Mannschaft nicht funktionieren. Dass es so in der Öffentlichkeit breitgetreten wird, ist ein klarer Hinweis darauf, dass intern Redebedarf besteht." Und bestand. „Wir zusammen haben das beschlossen", hatte van Bommel nach Lissabon über die Taktikänderung gesagt. Zur vielfachen Verbreitung in diversen Zeitungen sagte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Irgendjemand hat das lanciert, das ist doch keine Erfindung!"
Laut Klinsmann schon. Wie auch das Angebot von Manchester City, dem neureichen Scheich-Klub. Dass Klinsmann dort ab Sommer Chefcoach wird, dementierten die Klub-Bosse am Samstag jedoch. „Da ist nichts dran“, sagte auch Klinsmann selbst. „Er bekennt sich klar zu Bayern, aber ich nehme ihm das nicht ab“, ätzt Lattek. „Da Klinsmann bisher alle seine Verträge nicht erfüllt hat und immer früher gegangen ist, kann es sein, dass er und die Bayern am Saisonende sagen: Jetzt ist Schluss."
Patrick Strasser