Klinsmann: In Hitzfelds Schatten

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann muss sich stets an Erfolg und Spielsystem des beliebten Vorgängers messen lassen – und gibt sich vor dem Heimspiel am Samstag gegen Köln trotzig
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Es ist seine erste Saison als Vereinstrainer, seine erste als Bayern-Trainer: Egal was er macht, Jürgen Klinsmann wird immer mit Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld verglichen werden.
dpa Es ist seine erste Saison als Vereinstrainer, seine erste als Bayern-Trainer: Egal was er macht, Jürgen Klinsmann wird immer mit Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld verglichen werden.

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann muss sich stets an Erfolg und Spielsystem des beliebten Vorgängers messen lassen – und gibt sich vor dem Heimspiel am Samstag gegen Köln trotzig

MÜNCHEN Fragt man Ottmar Hitzfeld, den Schweizer Nationaltrainer, nach seiner Meinung zum FC Bayern, gibt er gerne Auskunft. Allerdings eher vorsichtig, zurückhaltend. Ganz so wie es das Spielsystem war, das er in zwei Perioden und insgesamt siebeneinhalb Jahren den Bayern eingebläut hatte. Er hat eine Meinung zu Jürgen Klinsmann, seinem Nachfolger, aber er äußert sie eher mit kontrollierter Offensive. Klug genug ist er, um sich in allgemeinen Formulierungen zu flüchten.

So sprach der 60-Jährige auf die Frage nach den unterschiedlichen Spielphilosophien der beiden völlig konträren Typen: „Wenn etwas nicht so gut läuft, muss man auf Bewährtes zurückgreifen.“ Eben. Safety first. Es geht um Vorgaben, die ein Trainer der Mannschaft mit auf den Platz gibt. Vorgaben, die zu Ergebnissen führen. Ergebnisse, die in Titel müden sollen. Bei Bayern münden müssen.

Die Vokabel. „Müssen“ benutzt Klinsmann gerne. Ein Beispiel: Am Samstag (15.30 Uhr, AZ-Liveticker) „müssen wir gegen Köln gewinnen.“ Er müsste. „Wenn wir am Samstag keine Punkte einfahren – weiß ich auch nicht.“ Sagte Miroslav Klose. Eine Menge Schuldgefühl haben sie wohl nach drei Pleiten in zwei Rückrundenspielen. Bei jeder (Zwischen-)Bilanz wird Klinsmann unter dem Strich immer am Vorgänger und seinen Erfolgen gemessen. Hitzfelds Schatten ist trophäenlastig. Er legt sich über viele Punkte.

ERFOLGE

„Der Verein will auch am Saisonende am Marienplatz stehen“, sagt der Coach. Die Krux für Klinsmann: Selbst das Double wäre nur die Einstellung der Hitzfeld-Bilanz der letzten Saison. Nun ist das Jahr eins Klinsmann. Ein Umbruchjahr, das der „radikale Trainer“ (Lahm über Klinsmann) nicht als Übergangsjahr deklarieren durfte. Weil Titel her müssen. Auch Klinsmanns Arbeit werde am Saisonende an Titeln gemessen werden, darauf wies Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge in wunderlicher Strenge hin und sagte: „Entscheidend ist immer das Sommerzeugnis.“ Ein kurzer Auszug: Fünf Mal Meister, drei Mal Pokalsieger, ein Mal die höchste Weihe, die Champions League.

SPIELSYSTEM

Hitzfeld, sich selbst und seine Emotionen nahezu immer kontrollierend, übertrug dies auf seine Mannschaft. Bayern spielte clever und gut. Nicht smart, wenig sexy fürs Auge. Aber eben meist erfolgreich. Klinsmann lässt stürmen, nicht unkontrolliert, aber hemmungsloser, mutiger. Ein Risiko, das selbst in der Mannschaft als zu groß angesehen wird. „Wir haben in der Rückwärtsbewegung schon in der ganzen Saison Probleme“, sagte Lahm, „die Zahl der Gegentore spricht eine deutliche Sprache." Die Mannschaft ist Hitzfeld-geprägt, nur Oddo und Borowski sind neu bei Klinsmann. Am Freitag verteidigte der 44-Jährige seinen Hurrastil: „Wenn man zu Hause in der Arena gegen einen defensiven Gegner wie Köln antritt, kann man nicht hintenrum spielen – das kannst du den Fans und der Mannschaft nicht zumuten.“

PERSONALENTSCHEIDUNGEN

Auch Hitzfeld war nicht vogelfrei, aber erfahrener. Dass Klinsman schon im Herbst Lukas Podolski klar gemacht hatte, wie wenig Verwendung er für ihn habe, bringt ihn nun in die Bredouille. Fallen Toni und/oder Klose, beide sind leicht angeschlagen aus, braucht er den abservierten, enttäuschten und künftigen Ex-Bayern Poldi doch noch. Rummenigge befahl diesen unter der Woche – nachdem Klinsmann auf ihn in Berlin (1:2) verzichtet hatte – in den Kader und beschloss nebenbei, dass Klinsmanns US-Entdeckung Landon Donovan nicht gekauft werde. Eine klare Einmischung in des Trainers Terrain. Doch der verkaufte dies als „gar kein Problem“, es wäre alles abgesprochen gewesen mit den „Chefs“ (Klinsmann). Die Abfolge der Aussagen irritierte doch, Rummenigge hätte sich auch zurückhalten können. Sowohl auf der eigenen Homepage als auch im DSF.

Auch der Trainer sei etwas irritiert über den Verlauf der Woche wie aus seinem Umfeld zu vernehmen war. Am Dienstag nahm er an einer Sitzung in der Vorstandsetage teil. Er wird ihn nicht los, den Schatten von Ottmar Hitzfeld. Wird er ihn nie los?

Patrick Strasser

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