Klinsmann: Ich möchte lange bei Bayern bleiben
Seit gut fünf Monaten ist Jürgen Klinsmann nun Cheftrainer des FC Bayern. Vor dem Bundesliga-Gipfel gegen Hoffenheim (Freitag 20.30 Uhr) zog er eine erste Bilanz seiner Arbeit.
Den Überraschungs-Aufsteiger:
„Ich habe höchste Wertschätzung für Hoffenheim, weil sie dort sehr zielstrebig, durchdacht und mit sehr guten Leuten aufgebaut haben. Darauf können sie stolz sein. Die Mannschaft hat absolut das Potenzial, auch mittelfristig in der Tabelle unter den ersten Drei, Vier zu bleiben.“
Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp:
„Da ist nichts Negatives dabei. Er hat früher für den Club gespielt, ist ein Fußball-Mensch durch und durch und hilft dem Verein auf die Beine. So was ist toll. Weil sie dort konzeptionell und langfristig arbeiten, hat Hoffenheim das Zeug, sich im deutschen Fußball ganz oben zu etablieren und vielleicht schon nächstes Jahr europäisch zu spielen.“
Seine Erfahrungen beim erster Job als Vereinstrainer:
„Mir war sehr wohl bewusst, dass der FC Bayern aufgrund seiner Dominanz im deutschen Fußball und seines Rufs im Weltfußball sehr starke Anforderungen an mich stellen wird. Es war klar, dass es im Umfeld nach ein oder zwei verlorenen Spielen unruhig werden kann. Wenn man in der Verantwortung steht, muss man sich in entsprechenden Momenten auch selbst verändern können. Man macht Kompromisse, obwohl ich zuerst meinte, eine höhere Schlagzahl ansetzen zu können.“
Seine Reformen:
„Natürlich waren am Anfang viele Fragezeichen da; es gab das neue Leistungszentrum und neue Technologien, die wir einsetzen. Es ist viel auf die Spieler zugekommen, aber sie haben mit der Zeit gemerkt, dass alle Maßnahmen nur für sie sind. Alle merken jetzt, dass die Arbeit sich auszahlt. Ich kann aus dem Vollen schöpfen, ob ich einen Breno, einen van Buyten, Lell oder Borowski einwechsle – es kommt Qualität. Wir sind auf Tuchfühlung zur Spitze. Wir haben in der Champions League gesehen, dass wir uns vor niemandem verstecken müssen.“
Die Abhängigkeit von Franck Ribéry:
„Sie ist nicht zu groß, weil Franck weiß, dass er eine intakte, harmonisch geführte Mannschaft braucht, um diese Leistungen abzurufen. Er braucht einen Philipp Lahm, der für ihn unglaubliche Arbeit leistet. Er braucht einen Zé Roberto, mit dem er auch geistig gewisse Automatismen entwickelt. Und er braucht Stürmer, die die Aktionen abschließen. Er braucht die Mannschaft, und diese weiß, wie sie ihn zu den Höchstleistungen treiben kann. Indem sie ihm ein Umfeld gibt, wo er sich wohlfühlen kann, Scherze machen kann. Die Mannschaft weiß aber, dass sie auch gewinnen kann, wenn er ausfällt.“
Podolskis Probleme:
„Der Unterschied ist, dass er bis zuletzt bei der Nationalmannschaft gesetzt gewesen ist, was ihn die Dinge relaxter angehen lässt. Jetzt ist er bei einem europäischen Top-Club, der eigentlich vier oder fünf Stürmer haben muss, die um die Plätze fighten. Das ist ein interner Wettkampf, bei dem er sich schwer tut. Ich will, dass er sich durchboxt. Wenn eines Tages bei der Nationalmannschaft vier, fünf Stürmer um die zwei Plätze im Angriff kämpfen, wird es eine ähnliche Situation.“
Den Stress im Job:
„Die Erfahrung als Nationaltrainer hat mir sehr viel geholfen. Ich weiß, wann ich mir eine Pause gönnen, wann ich Dinge delegieren muss. Ich möchte niemanden an meiner Seite, der mir die Hütchen trägt. Das kann ich nicht brauchen. Mein Co-Trainer Martin Vasquez zum Beispiel muss das Ziel haben, irgendwann Cheftrainer zu werden."
Seine Erhol-Oase:
„Mein Rückzugsort ist die Familie. Das ist der Energiegeber.“
Die globale Finanzkrise:
"Die Finanzkrise wird den Fußball die nächsten Monate richtig treffen. Die ersten Anzeichen gibt es in England, wo es große Fragezeichen um Eigentümer und Investoren gibt. Wenn in Italien bei FIAT tausende Arbeitsstellen bedroht sind, wird es irgendwann auch Juventus Turin treffen. Bei Chelsea wurde radikal gestrichen und eingespart. Es wird immer Ausnahmen geben, wie gerade Manchester City, wo das Geld aus ganz anderen Ölquellen kommt. Es wird eine Neudefinierung des Marktes geben, auch was Transfers und Gehälter betrifft. Es wird immer Ausnahmen geben, wie bei einem Zlatan Ibrahimovic von Inter Mailand oder einem Kaka beim AC Mailand. Aber es wird bei den Clubs mehr und mehr die Denke kommen – so weit und nicht weiter. Das wird ein spannender Prozess.“
Die Folgen für den FC Bayern:
„Der FC Bayern ist gesund und hat ein solides Fundament. Es gibt keinen Gewinner, aber es wird eine neue Konstellation geben. Spieler, deren Verpflichtung jetzt im Januar undenkbar wäre, weil sie 20 oder 30 Millionen Euro kosten würden, sind vielleicht auf einmal im Juni zu viel niedrigeren Summen zu haben.“
Seine Zukunftspläne:
"Ich arbeite mit viel Freude und Stolz beim FC Bayern und möchte hier wirklich lange bleiben. Es war für uns nach zehn Jahren USA eine große Entscheidung, nach Deutschland zurückzukommen. Diese war nicht kurzfristig angelegt. Ich habe als Bundestrainer gespürt, dass es der Trainer- Beruf ist, den ich ausüben möchte. Das erfüllt mich – auch wenn der des Spielers noch einen Tick schöner ist. Ich lebe auf in dieser Arbeit. Wenn ich mich zu etwas entschließe, bin ich hartnäckig.“
Den Hoeneß-Plan, als Manager 2009 aufzuhören:
"Uli weiß, dass es unser großer Wunsch ist, dass er ein paar Jährchen in der bisherigen Funktion weitermacht. Aber er allein trifft die Entscheidung. Er ist Gold wert mit all' seiner Erfahrung. Er hat den Verein zu dem gemacht, was er ist, einer der größten der Welt. Das ist der Uli Hoeneß. Es ist eine Freude für mich, neben Uli auf der Bank zu sitzen – obwohl wir nicht immer einer Meinung sind."