Klinsmann: Fünf vor zwölf!
Im plötzlich so wichtigen Spiel gegen Hannover 96 muss der Bayern-Trainer nun auch noch ohne Ribéry und Toni auskommen.
MÜNCHEN Die Uhr für den Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann tickt immer schneller. Momentan scheint die Minute höchstens 17 Sekunden zu haben, so rapide geht es dahin mit dem Rückhalt für den vermeintlichen Erneuerer. Dass es in der Liga 5 vor 12 ist, sei allen bewusst, sagte Klinsmann – vor der „Blamage“, wie sein Vorgänger Ottmar Hitzfeld das 2:4-Pokalaus gegen Leverkusen nannte. In der Liga ist Bayern derzeit nur Fünfter – so wird das Samstags-Spiel gegen den vermeintlichen Punktelieferanten Hannover 96 zum Schicksalsspiel. Und ausgerechnet jetzt fallen die wichtigsten Akteure aus. Luca Toni (Achillessehnenentzündung) muss zehn Tage pausieren, Tim Borowski fehlt wegen Oberschenkelzerrung, Kapitän Mark van Bommel wegen Gelb-Sperre. Und nun hat es auch noch Franck Ribéry erwischt – Wadenprellung, Einsatz unmöglich. „Ich erwarte totales Engagement und Feuer“, sagt Klinsmann dennoch. Ist auch bitter nötig – im ersten Angstspiel 2009. Worum es geht:
Der Trainer: Die Stimmung im Umfeld ist angespannt, und wenn der Noch-Meister weiter Punkte herschenkt, wird nicht nur Franz Beckenbauer („Einige verkennen den Ernst der Lage“) grantig werden. Es wird dann kaum bei vereinzelten Unmutsbekundungen bleiben so wie am Mittwoch nach der Blamage von Düsseldorf, als am Bayern-Bus die ersten Fans „Klinsmann raus!“ krakelten. Da stellte sich Manager Uli Hoeneß noch schützend vor Klinsmann, „weil wir ja noch in allen Wettbewerben, die uns wichtig sind, im Rennen sind“. Bei einer Pleite gegen Hannover sähe das anders aus. Dann droht der Uefa-Cup.
Der Superstar: Die Beziehung zwischen Franck Ribéry und den Bayern war schon mal besser. Immer öfter werden aus dem Umfeld des Franzosen Wechselgerüchte lanciert, zuletzt hat er sich bei Klinsmann über zu wenig Unterstützung aus der Mannschaft beklagt. Bayern ist abhängig vom Künstler Ribérys, der um seine Sonderstellung weiß. Kaum anzunehmen, dass er, der immer wieder den Gewinn der Champions League als Anspruch proklamiert und deshalb auch wiederholt (aber bisher vergeblich) Verstärkungen gefordert hat, sich erneut ein Jahr Uefa-Cup antun würde.
Die Mannschaft: Wenn die Champions League nicht erreicht wird, stünde ein Umbruch bevor, ähnlich wie 2007. Diesmal würde es wohl darum gehen, wer aussortiert werden müsste aus einer Mannschaft, die ihr Minimalziel verpasst hätte. Was wird aus Ribéry und Toni (die andere Ansprüche haben), was aus Ottl und Lell (die den Ansprüchen nicht genügen). Und wer dürfte den Umbau einleiten? Die „SZ“ spekuliert bereits mit einer Interims-Rückkehr von Ottmar Hitzfeld...
Dass es auch um seine Zukunft geht, ist Klinsmann klar: „Wenn ich dann den Kopf hinhalten muss, ist das okay. Damit habe ich kein Problem.“ Er weiß wohl selbst: Wenn’s gegen Hannover schiefgeht, kann’s ganz schnell 13 schlagen.
Thomas Becker