Klinsmann bei Bayern: Druck der anderen Art

Beim 5:1 gegen Hannover zeigt sich, wie lieb Manager Hoeneß den in die Kritik geratenen Trainer Klinsmann hat. Trotzdem sagt er: „Wir schauen von Woche zu Woche." Am Samstag folgt der nächste Bewährungstest beim VfL Bochum
von  Abendzeitung
Im Uli-Hoeneß-Schwitzkasten: Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann wird nach dem 2:1 durch Klose beim 5:1 gegen Hannover vom Manager geherzt - er hat es überstanden.
Im Uli-Hoeneß-Schwitzkasten: Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann wird nach dem 2:1 durch Klose beim 5:1 gegen Hannover vom Manager geherzt - er hat es überstanden. © dpa

Beim 5:1 gegen Hannover zeigt sich, wie lieb Manager Hoeneß den in die Kritik geratenen Trainer Klinsmann hat. Trotzdem sagt er: „Wir schauen von Woche zu Woche." Am Samstag folgt der nächste Bewährungstest beim VfL Bochum

MÜNCHEN Sie kamen sich immer näher. Von Minute zu Minute, von Tor zu Tor schienen Jürgen Klinsmann und Uli Hoeneß auf der Bayern-Bank eins zu werden. Zumindest ein Herz und eine Seele. Zuvor waren sie: Ein Problem und eine Sorge.

Auch zwischen Sitznachbarn kann eine gehörige Portion Distanz entstehen. Dazu eine geradezu ohrenbetäubende Sprachlosigkeit. Als Hannovers Jiri Stajner nach 15 Minuten mit dem ersten Torschuss der Gäste das 0:1 erzielte, „mussten wir einen Moment schlucken“, meinte Klinsmann hinterher. Es sah aus wie: Jürgen’s Law, wieder ein Rückstand, zum x-ten Mal, als wäre es eine neue DFL-Regel. Wieder würden die Bayern in einen „Anti-Lauf“ geraten, wie es Miroslav Klose später nannte.

Das Echo auf das 0:1 waren Pfiffe der Fans und vereinzelte „Klinsmann-raus!“-Rufe. Das Echo der Bayern? Drei Treffer in einer Viertelstunde – das hatten sie in den letzten drei Spielen zusammen (zwei Treffer) nicht geschafft. Klinsmann und Hoeneß herzten und liebkosten sich von Tor zu Tor mehr. Beim 2:1 durch Klose nahm Hoeneß seinen leitenden Angestellten mal eben in den rot-weißen Anorak-Schwitzkasten. Klinsmanns Gesicht wurde an Hoeneß’ Brust gepresst – nun konnte er ihn auch körperlich spüren, den Druck, der beim FC Bayern herrscht. Nun aber ist es Druck der anderen Art. Als Altintop das 3:1 erzielt hatte, tanzten die Banknachbarn engumschlungen, Klinsmanns Assistent Martin Vasquez bekam von Hoeneß gar einen Schmatzer ab. 5:1 am Ende, Mund abputzen, fertig.

Fünf vor zwölf sei es in der Bundesliga, hatte Klinsmann vor dem Hannover-Spiel gesagt. Für ihn und seinen Job galt eine ähnliche Uhrzeit. Was Hoeneß aber nicht bestätigen wollte: „Wir haben nie daran gedacht, uns von Jürgen zu trennen“, sagte der Manager. „Mir geht’s gut, mir ging’s auch vor dem Spiel gut“, meinte Klinsmann. Eng wurde es ja nur in jenem Moment, als Hoeneß ihn packte. Er ließ wieder von ihm ab – und nun herrscht Ruhe, gewissermaßen Ruhe auf Bewährung.

Bis zum nächsten Spiel. Fortsetzung folgt. Denn Druck macht sich Klinsmann selbst, auch als neuer Liga-Zweiter: „Der Blick auf die Tabelle ist wieder angenehmer, aber wir müssen nachlegen. Die Herthaner müssen eingeholt werden“, sagte der Coach angesichts von vier Punkten Rückstand und meinte: „Wir haben die Pflicht, Meister zu werden.“ Dafür rechnete er vor: „Es sind noch elf Spiele, also noch 33 Punkte zu vergeben.“

Das müsste dann reichen. Immer wieder hatte er zuletzt von einer „Serie“ gesprochen, mit seiner Lieblingsvokabel „nachlegen“. Was angesichts der nächsten beiden Gegner aus dem Tabellenkeller (Bochum und Karlsruhe) möglich wäre. Doch Hoeneß, gebrandmarkt vom stetigen Auf und Ab der Saison, sagte: „Wir schauen von Woche zu Woche.“ Bis Bochum.

„Ich hoffe, das war die Wende“, sagte Philipp Lahm. Ob die Bochumer allerdings so lieb und nett wie Hannover sein werden? Mit 46 Gegentoren sind die 96er die Schießbude der Liga, kein Maßstab also, wie Klose meinte: „Ohne denen wehtun zu wollen: Viel wurde uns nicht abverlangt.“ Ein kleiner Schritt für die Mannschaft. Ob es ein großer für den Trainer war, wird sich zeigen.

Patrick Strasser

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