Klinsi serviert Dreher ab
MÜNCHEN - Bei den Fans wurde er zur Kultfigur, vom Verein jetzt eiskalt abserviert: Bernd Dreher. - »Nach zwölf Jahren Bayern heißt es: Du bist weg! Ich bin sehr enttäuscht.«
Natürlich hatte Bernd Dreher schon so eine Vorahnung gehabt. Aber als die Entscheidung gegen ihn verkündet wurde, traf es ihn unvorbereitet. Zumal der 41-Jährige zuletzt vom Informationsfluss an der Säbener Straße ja abgeschnitten war.
Er, der treue Bernd. Seit 12 Jahren im Verein. Als Bernd für alles. Der Torwartbernd. Der Torwarttrainerbernd. Der Kontingenterfüllerbernd – als zwölfter Deutscher im Kader.
Klinsmann-Entscheidung für Junghans
Am Mittwoch wurde er ins Büro von Manager Uli Hoeneß gerufen. 14.45 Uhr, ein Vier-Augen-Termin. Einer, der Dreher den Boden unter den Füßen wegzog. Die Info: Jürgen Klinsmann, der neue Chefcoach ab Sommer, habe sich für Walter Junghans als neuen hauptverantwortlichen Torwarttrainer für die kommende Saison entschieden. Punkt. „Hoeneß fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, im Amateur- und Jugendbereich weiterzuarbeiten“, erzählte Dreher der AZ, „da habe ich Herrn Hoeneß geantwortet: ,Ich möchte die Entscheidung erstmal verdauen.’ Sein Vorschlag kam so rüber, als solle ich mich auch noch darüber Freude.“ Darüber, dass er degradiert wird.
1996 kam er mit 29 zu Bayern. Geholt als Trainingspartner und Reservebesetzung für Oliver Kahn, die Nummer eins. Dreher arbeitete zuverlässig und loyal. Bildete ein Team mit Kahn und Sepp Maier, bei dem er den Torwarttrainerjob sukzessive erlernte. Nur 13 seiner 153 Bundesligaspiele (zuvor bei Leverkusen und Uerdingen) absolvierte er für Bayern, blieb ungeschlagen. Auf seinem Konto stehen mehr Titel als Pflichtspiele: 17.
Eine Kultfigur
Bei den Fans wurde der gebürtige Leverkusener zur Kultfigur. Stets zugänglich, immer freundlich. Zuletzt stand er am 19. Mai 2007, beim 5:2 gegen Mainz im Tor. Mit 40. Schöne Zeiten. Vorbei.
Die Gegenwart heißt Klinsmann. Auch er war am Mittwoch an der Säbener Straße, traf sich mit Hoeneß und mit Junghans. „Ich habe ihn nicht zu Gesicht bekommen“, sagt Dreher, „dabei habe ich in der Saison 1996/97, als er bei Bayern gespielt hat, oft mit ihm am Tisch gesessen. Und nun hat er kein Wort für mich übrig. Mein Herz hängt an Bayern. Ich bin sehr enttäuscht.“
Weil er nicht mal angehört wurde. Dreher: „Ich hätte Jürgen gerne mein Konzept vorgestellt. Doch nun heißt es nach zwölf Jahren: Du bist weg – der andere macht’s.“
Der andere: Walter Junghans, 49, Ex-Bayern-Keeper (1979-82). Uli Hoeneß holte ihn im Sommer 2007 ins Torwarttrainerteam, das fortan überbesetzt und dann zerstritten war. Maier/Dreher kontra Junghans: das Schweigen der Keeper. Sogar Kahn litt darunter. Er beschwerte sich bei Hoeneß. „Walter hat wohl gewusst, dass er der Chef wird, wenn Sepp nach der Saison in Rente geht“, sagt Dreher, „er ist auch so aufgetreten.“
Von Zukunftssorgen geplagt
Nun hat Dreher Klarheit – abserviert von Klinsmann. Ohne zu wissen, warum. „Ich habe bei mir zu Hause in allen Schubladen nachgeschaut, ob ich irgendwelche goldenen Löffel des FC Bayern geklaut habe.“ Zukunftssorgen plagen ihn. „Ich habe momentan keine Job-Alternative.“ Außer er arbeitet unter Junghans weiter. Das kann er sich kaum vorstellen, der treue Bernd.
Patrick Strasser