Kleines Ego, großes Ego
Klose & Toni gelten ja als Traumpaar im Sturm. Beim 3:1 gegen Dortmund wurde aber so deutlich wie selten, was die beiden trennt. Eine AZ-Analyse.
MÜNCHEN Was Lukas Podolski in eineinhalb Jahren nicht geschafft hat, gelingt dies nun Luca Toni und Miroslav Klose selbst? Bis zu Poldis Kapitulation und dem auf seinen Wunsch vereinbarten Retour-Wechsel zum 1. FC Köln im Juli hatte es der 23-Jährige nicht geschafft, einen der beiden Stürmer des FC Bayern zu verdrängen. Sowohl bei Jürgen Klinsmann als auch bei dessen Vorgänger Ottmar Hitzfeld war das Duo Toni/Klose, beide im Sommer 2007 für zusammen 23 Millionen Euro Ablöse nach München transferiert, immer gesetzt.
Beim 3:1 gegen Dortmund verweigerte Toni seinem Sturmkollegen den Handschlag. Zuvor hatte er wie schon beim 0:1 zum Rückrundenauftakt in Hamburg vor dem Tor verweigert, also beste Chancen vergeben. Hat sich Toni damit aus der Mannschaft gestümpert? „Luca ist gesetzt“, sagte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann am Montag.
Heißt: Landon Donovan, der Zehn-Wochen-Testkicker, gegen Dortmund für Toni eingewechselt, kommt auch nicht vorbei am italo-deutschpolnischen Sturmduo.
Toni & Klose – das ungleiche Paar soll weiter angreifen. Die AZ stellt die beiden, die in Spielweise und Charakter unterschiedlicher nicht sein könnten, vor.
WIE IST IHRE BILANZ?
In 45 Bundesligaspielen traf Klose 18 Mal, bereitete 14 Treffer vor. Toni erzielte bei 46 Liga-Einsätzen 33 Tore, hat aber nur acht Assists auf dem Konto. Fast identisch die Ausbeute seit 2007 im Europapokal: Klose mit zehn Toren in 17 Spielen, Toni mit elf Treffern in 15 Partien.
WAS SIND IHRE STÄRKEN?
Toni ist der typische Strafraumstürmer, ein „Stoßstürmer“ oder „Wandspieler“ wie Hitzfeld diesen Typus stets nannte. So einer zieht Gegenspieler auf sich, erarbeitet Freistöße und Elfmeter, kann aber vor dem Tor nicht nur knallhart vollstrecken, sondern auch elegant lupfen (siehe das 3:0 beim 5:1 im Pokal in Stuttgart). Klose kommt über die Außen, läuft viel, fädelt Angriffe mit ein – und trifft in allen Variationen. Bayerns Stürmer-Legende Gerd Müller beschreibt den Unterschied so: „Toni ist ein richtiger Bulle, ein Strafraumstürmer. Ganz schwer für die Verteidiger, da ranzukommen bei so einem massigen Körper. Miro ist eleganter, kann rechts wie links vollstrecken, hat eine enorme Sprungkraft und ist daher sehr kopfballstark.“
IHRE SCHWÄCHEN?
Beobachtet man Toni auf dem Platz, ist das offensichtlich. Er hat selten den Blick für den Nebenmann. Und versucht, den Ball meist selbst zu versenken. Daher der Vorwurf von Franz Beckenbauer am Sonntag: „Es ist dieser Egoismus bei Toni! Darunter leidet Klose. Als Toni ausgewechselt war, hatte Klose mehr Platz.“
Kloses Schwäche dagegen ist zunächst eine Stärke. Er spielt mannschaftsdienlich, übertreibt es aber. Zu wenig Egoismus? Das sehen sogar die Kollegen so. „Miro arbeitet viel fürs Team, kämpft und läuft – manchmal sogar einen Tick zu viel, dann fehlt ihm im entscheidenden Moment vor dem Tor die Kraft“, sagte Zé Roberto.
WIE IST IHR STANDING?
Mit Toni kann man viel Spaß haben, der Lebemann lacht ständig – auch wenn er nicht alles versteht – und albert mit Franck Ribéry herum. Klose ist eher introvertiert, dafür aber (auch wegen seines trockenen Humors) sehr beliebt in der Mannschaft und hat in Mark van Bommel einen echten Freund. Hamit Altintop: „Miro ist ein ehrlicher Junge, der vernünftig arbeitet. Er ist ein Vorbild für die anderen Spieler.“
Patrick Strasser, Stefan Maurer