Kingsley Coman, Peps neuer Unterschiedmacher

München - Für einen Moment wollte man den Worten der Übersetzerin nicht glauben. „Ich bin ein Spieler, der den Unterschied macht“, gab die brünette Dame auf dem Podium Kingsley Comans Aussagen ins Deutsche wieder: „In jeder Minute des Spiels.“ Hatte er das wirklich so gesagt? Dieser äußerst forsche Satz passte so gar nicht zu dem Auftreten des Bayern-Neuzugangs, der an diesem Donnerstagnachmittag offiziell an der Säbener Straße vorgestellt wurde. Aber er schien zu stimmen. „Wir haben seinen Körper, seinen Kopf, aber auch seine Aussagen eingekauft“, bestätigte Sportvorstand Matthias Sammer: „Wenn einer nicht selbstbewusst auftreten kann, wie soll das funktionieren? Wir wussten das alles, deswegen sitzt er hier.“
Coman saß aber eher schüchtern vor den Medienvertretern. Nicht so selbstbewusst, wie es sein Statement hätte vermuten lassen. Als er Fragen beantwortete, schaute er meist verlegen zur Übersetzerin – und nicht zum Fragensteller. Der junge Mann, den die Bayern für zwei Jahre von Juventus Turin ausgeliehen haben, wirkte insgesamt noch sehr kindlich. Sammer gab deshalb den väterlichen Aufpasser. Als Coman nach seinem auffälligen Haarschmuck gefragt wurde – einer Perlenkette, in seinen goldbraunen Iro geflochten – griff Sammer ein und scherzte in Richtung des Neuen: „Nicht, dass du denkst, dass dich alle in Deutschland danach fragen werden.“
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Sammer war sichtlich bemüht, Coman zu helfen, die Erwartungen nicht zu hoch steigen zu lassen. Allerdings geriet er selbst ins Schwärmen. „Er ist schnell, beweglich, technisch gut und spielintelligent“, sagte Sammer über Coman: „Sein Potenzial ist außergewöhnlich.“ So außergewöhnlich, dass er auf lange Sicht die Rolle von Franck Ribéry oder Arjen Robben einnehmen könne. Vielleicht sogar schon früher. „Die Positionen, die er spielen kann – rechts offensiv oder links offensiv – sind bei uns belegt durch Franck Ribéry, Arjen Robben und Douglas Costa“, sagte Sammer. Angesichts der Verletzung von Ribéry und Robben sei Coman aber „sofort eine Alternative“.
Eventuell schon am Samstag (15.30 Uhr) im Heimspiel gegen den FC Augsburg. „Ich bin bereit, ich bin körperlich in der Verfassung dazu“, sagte er. Sammer erklärte: „Wenn der Trainer ihn aufstellt, wird er explodieren.“ Zum Kader dürfte Coman gegen Augsburg auf jeden Fall gehören. Ein Startelfeinsatz kommt aber wohl noch nicht in Frage, weil ein anderer Bayern-Spieler – dem Sammer-Vokabular folgend – in der vergangenen Woche bereits „explodiert“ ist: Mario Götze. „Wir haben ihn ja schon mit dem Schwung zur Nationalmannschaft geschickt“, sagte Sammer grinsend. In den ersten drei Bundesligaspielen kam Götze allerdings nur zu einem Startelfeinsatz. Im Nationalteam glänzte er in der EM-Qualifikation gegen Polen und Schottland mit zwei Toren – und riesiger Spielfreude. „Natürlich ist es immer schön, wenn man Vertrauen spürt“, hatte Götze gesagt. „Das spüre ich grundsätzlich immer, wenn ich bei der Nationalmannschaft bin.“ Und bei den Bayern?
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Dort muss er sich bisweilen mit der Jokerrolle begnügen. Der Platz im Sturmzentrum ist an Robert Lewandowski vergeben. Zeit also, eine neue Position zu lernen? Im „Kicker“ deutete Sammer an, dass Götze „in zwei Jahren etwas mehr aus der Defensive“ kommen könne. Auf AZ-Nachfrage erklärte der Sportvorstand: „Mario hat so außergewöhnliche Qualitäten, dass er nicht auf eine Position festgelegt ist. Man hat etwa im Pokalfinale gegen Dortmund 2014 gesehen, dass er in der Zentrale spielen kann.“ Denkbar ist das Modell mit dem Strategen Götze also durchaus – irgendwann. Gegen Augsburg wird er aber wohl im offensiven Mittelfeld spielen, während Coman zunächst von der Bank kommt. Den Status des Unterschiedmachers muss man sich eben erst erarbeiten. Keiner weiß das besser als Götze.