Kein Plan B beim FC Bayern München? Jupp Heynckes auf Abschiedstour

Jupp Heynckes geht in seine wohl letzte Rückrunde als Trainer – doch die Bayern-Spitze hat weiter keinen Nachfolger in der Hinterhand. Es ist ein riskantes Spiel der Verantwortlichen.
München - Wenn Jupp Heynckes über seine Spieler spricht, über seine "Jungs" wie er sie väterlich nennt, leuchten seine Augen. Sein Gesicht öffnet sich, die Augenbrauen gehen hoch, zeigen das Level seiner Laune. Seine Arbeit mit der Mannschaft mache ihm "unheimlich Spaß", schließlich habe er "einen hochqualifizierten Kader".
Mit der "Stimmung im Team, ob man sich gegenseitig respektiert", sei der Bayern-Trainer "total zufrieden", sagte er vor der wohl letzten Rückrunde seiner Karriere, die mit dem Liga-Duell bei seinem Ex-Klub Bayer Leverkusen beginnt (ab 20:30 Uhr im AZ-Liveticker). Etwas mehr als drei Monate ist der 72-Jährige wieder im Dienst bei seinem FC Bayern – und doch schon wieder auf Abschiedstour?
Nach der Saison, nach seinem Einsatz als Freund und Helfer, versicherte er mehrfach, werde definitiv Schluss sein. "Eine Herzensangelegenheit" sei der Job für ihn, aber eben eine auf Zeit. Uli Hoeneß, sein Freund und Präsident, will das nicht wahrhaben. Er möchte die Zeit anhalten, die Jupp-Renaissance am liebsten um eine weitere Saison verlängern. Weil's gar so schön, gar so erfolgreich ist.
15 Siege in 16 Spielen, so die bisherige Bilanz in Heynckes' vierter Schaffensperiode an der Säbener Straße. Also wirbt Hoeneß stetig um seinen Jupp, möchte ihm – in Ermangelung anderer Trainer-Lösungen – ein Ja-Wort für 2018/2019 abringen.
Steter Hoeneß höhlt den Jupp – hat die Masche vielleicht doch Erfolg? Nachfrage bei Heynckes: Wie im Herbst, wie kurz vor Weihnachten, wie im Wintertrainingslager in Doha, so auch vor dem Rückrundenstart: Wie sieht es denn nun aus, Herr Heynckes? Sein Gesicht verschließt sich, die Augenbrauen gehen runter, das Laune-Level ist im Keller.
"Zu meiner Situation ist alles gesagt, dazu werde ich mich nie wieder äußern", antwortete der Trainer und fügte grinsend hinzu: "Da können Sie Kopfstände machen!" Gibt er dem Werben des Vereins doch nach, dürfte Hoeneß Purzelbäume schlagen. Die Spieler würden es liken, auf all ihren Social-Media-Kanälen.
Hinter der Trainerfrage steckt jedoch viel mehr: die Ausrichtung des Vereins. Möchte man noch ein Jahr die Art der Menschenführung von und mit Heynckes genießen? Um damit im Nebeneffekt eine weitere Saison Aufschub zu gewinnen, um sich auf einen Nachfolger festlegen zu können?
Trainerfrage eine Belastung für den ganzen Verein
2019 könnten Joachim Löw und Jürgen Klopp Optionen sein, auch Ralph Hasenhüttl. Im Sommer 2018 wohl nur Thomas Tuchel, um dessen Arbeitsmethoden und Ausstrahlung Dissens in Bayerns Führungsriege herrscht, und Niko Kovac, der größte gemeinsame Nenner, falls es auf eine "kleine Lösung" hinausliefe.
Das Thema wird bleiben. So lange keine Entscheidung gefallen ist, werden Heynckes die zunehmenden Nachfragen mehr und mehr nerven. Eine Belastung für den gesamten Verein, auch weil die Kaderplanung und die Transfers durch die offene und wichtigste Stelle im Klub erschwert werden würde. Die Bosse wollen ihn überzeugen, weiterzumachen – nicht überreden.
Hoeneß und die Erinnerung an 2013
Vielleicht möchte Hoeneß auch etwas gutmachen. Vor fünf Jahren hatte er hinter Heynckes' Rücken mit Pep Guardiola verhandelt, den damals weltweit begehrtesten Trainer während dessen Sabbaticals in New York getroffen. Heynckes war pikiert, das Ende seines Trainerwirkens hätte er gerne selbst festgelegt und verkündet.
Aus lauter Trotz gewann er 2013 mit seinen Jungs in seiner – damals angeblich letzten Rückrunde der Karriere – das Triple. Dieses Jahr soll die Mannschaft durch Heynckes' Ja-Wort und nicht durch den nahenden Abschied beflügelt werden.
Ist das der Hoeneß-Plan? Schlaflose Nächte habe er nicht, versicherte Heynckes: "Ich brauche nur zwei Minuten, dann schlafe ich ein." Seine Frau findet das "phänomenal". Wie die Bayern ihren aufgeweckten Jupp.