Kein Palhinha, kein Bella-Kotchap, kein Gravenberch: Transfer-Schock beim FC Bayern am Deadline Day

Der Deadline Day wird für den FC Bayern zum "Schwarzen Transfer-Freitag": Bei Wunschsechser João Palhinha und Verteidiger Armel Bella-Kotchap scheint schon alles klar – doch dann folgt eine dramatische Wende.
von  Patrick Strasser
War schon in München und landete dennoch nicht beim FC Bayern: Fulhams João Palhinha.
War schon in München und landete dennoch nicht beim FC Bayern: Fulhams João Palhinha. © IMAGO / Colorsport

München - Wieder war es ein Freitag, wobei es nicht ganz so heiß war wie vor exakt drei Wochen. Wieder landete ein Flieger aus London in Oberpfaffenhofen.

Weil der sich anbahnende Transfer nicht ganz so "hot" war wie damals die Ankunft von Heils- und Torebringer Harry Kane klickten sich nur wenige Voyeure auf Seiten, die Flugzeugbewegungen in Echtzeit darstellen, noch pilgerten Scharen von Neugierigen zum Krankenhaus Barmherzige Brüder in Nymphenburg.

Palhinha absolvierte schon den Medizincheck beim FC Bayern – dann platzte der Transfer

Alles lief wunschgemäß. João Palhinha, die lange erhoffte "Holding six" von Trainer Thomas Tuchel, absolvierte beide Teile seines Medizinchecks, selbst Fotos im neuen Dress waren schon gemacht. Doch der Deal platzte in letzter Minute. Ein Schock für die Bayern und Tuchel.

Der FC Fulham konnte seinerseits keinen Nachfolger für Palhinha finden und verweigerte aus London die Freigabe für den 28-jährigen Mittelfeldspieler auf den letzten Drücker. Und in München dachte man, Daniel Levy, der Tottenham-Boss, sei ein knallharter Verhandlungspartner in Sachen Harry Kane gewesen.

Auch mit Rice wurde es nix: Trainer Thomas Tuchel muss ohne einen neuen Sechser auskommen

Das Teufelszeug Last-Minute-Transfers steckt eben voller Risiken und Nebenwirkungen, voller Gerüchte und Nebelkerzen. Sportdirektoren und Spielermanagement verhandeln am Limit. Man braucht: Gute Nerven, stets Ladekabel, Powerbanks und Ersatzakkus zur Hand. Für mehrere Handys. Und trotz all der Bemühungen wurde Freitag, der 1. September ein Freitag, der 13. für die Bayern.

Die Bosse um Jan-Christian Dreesen und den neuen Sportdirektor Christoph Freund erlebten eine turbulente Woche, wie man sie selten erlebt hat an der Säbener Straße. Als Verkäufer und Käufer. Der ursprüngliche 1A-Wunsch-Sechser von Tuchel, Declan Rice, war für rund 120 Millionen Euro vom FC Arsenal an den Londoner Stadtrivalen West Ham United gewechselt. Für 1-B-Wunsch-Sechser wollte man nur – in Anführungszeichen – rund 65 Millionen Euro bezahlen. Palhinha sollte einen Vertrag bis 2028 erhalten. Wurde nix, holding zefix.

Auch der gewünschte Rechtsverteidiger landet nicht beim FC Bayern

Alles sei "aufregend und spannend", der Fokus auf das Auswärtsspiel am Samstag bei Borussia Mönchengladbach falle "zugegebenermaßen schwer", bekannte Tuchel noch am Vormittag. "Man darf sich nicht zu sehr ablenken lassen". Schließlich sollte in den letzten, heißen Stunden ein Kader mit Triple-Format geschnürt werden. Nun heißt es: Kreative Lösungen mit dem überschaubar kleinen Kader finden.

Ernste Miene zum verkorksten Transfer-Spiel: FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel.
Ernste Miene zum verkorksten Transfer-Spiel: FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel. © IMAGO / Passion2Press

Es wurde wild an diesem Freitag: Parallel zu Palhinha, der als viert-teuerster Transfer in die Vereinshistorie eingegangen wäre, buhlten die Bayern um Trevoh Chalobah (24) vom FC Chelsea und um den deutschen Nationalspieler Armel Bella-Kotchap (21) vom FC Southampton. Bei Chalobah bestand Chelsea auf eine Kaufverpflichtung nach erfolgter Leihe, das wollte Bayern.

Man wähnte ja Bella-Kotchap sicher zu haben, war sich mit dem Innenverteidiger, der auch rechts hinten spielen kann einig – nur eben mit dem abgebenden Verein Southampton nicht. Da wurde die Rechnung nicht mit dem Wirt gemacht. An einem weiteren Joao, dem Cancelo, baggerte man ebenfalls. Er sollte wie in der Rückrunde erneut von Manchester City ausgeliehen werden, doch der Portugiese heuert beim FC Barcelona an. War man überall zu spät dran?

Benjamin Pavard und Ryan Gravenberch sind weg: Nun klafft beim FC Bayern eine "große Lücke"

Man hatte sich selbst in Not gebracht bei den Bayern, weil nach den Abgängen der Abwehrspieler Benjamin Pavard (Inter Mailand) und Josip Stanisic (per Leihe für ein Jahr zu Bayer Leverkusen) hinten eine "große Lücke" klaffe, wie Tuchel beklagte. Eine weitere Panne im Transfer-Domino. Der Palhinha-Transfer, der Bayerns Ausgaben in diesem Sommer auf weit über 200-Millionen-Euro katapultiert hätte, wäre erst durch die rund 40 Millionen plus Boni ermöglicht worden, die der FC Liverpool für Ryan Gravenberch (21) überweist.

Für den offensiven Mittelfeldspieler hat Tuchel keine Verwendung mehr und warf dem oft lamentierenden Holländer vor: "Wir wollen, dass jemand gerne hier ist und seine Rolle akzeptiert." Bei Trainer Jürgen Klopp will Gravenberch nun aus dem Talent-Status entwachsen. Der Deal, so heißt es aus England, ging durch. Um es positiv zu sehen: Die Bayern haben viel Geld gespart an diesem Freitag der dunklen Transfer-Wolken.

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