Katar-Kritiker Ott: "Ich will das Feld nicht kampflos überlassen"
München - AZ-Interview mit Michael Ott: Der 28-Jährige ist Rechtsreferendar in Mainz und Mitglied des FC Bayern.
AZ: Herr Ott, seit wann sind Sie schon Bayern-Fan?
MICHAEL OTT: Bei der WM 2002 bin ich Fan von Oliver Kahn geworden – und dadurch auch zum FC Bayern gekommen. Mitglied bin ich seit 2007.
Hätten Sie jemals gedacht, Klage gegen Ihren Lieblingsklub einzureichen?
Nein, ich hätte tatsächlich auch nicht damit gerechnet, dass dies irgendwann einmal nötig wird und sich der Verein derart unsportlich verhält.

Der FC Bayern reagierte erst gar nicht, das Amtsgericht lehnte den Antrag ab
Sie hatten beim FC Bayern einen Antrag eingereicht, auf der Jahreshauptversammlung an diesem Donnerstag über das Ende der Sponsorengeschäfte mit Katar abzustimmen. Der Klub reagierte darauf nicht – und das Amtsgericht München hat Ihren Antrag auf einstweilige Verfügung wegen "fehlender Dringlichkeit" abgewiesen. Warum stellt sich der FC Bayern dieser Debatte nicht?
Ich kann es mir nur so erklären, dass der Klub keine stichhaltigen Argumente hat, sonst wären diese ja hervorgebracht worden. Und Bayern hat taktiert, auf Zeit gespielt. Wenn der Antrag vorab nicht genehmigt wird, braucht er als Spontanantrag in der Versammlung eine 75-Prozent-Mehrheit, um überhaupt erst zur Abstimmung zugelassen zu werden. Das ist natürlich eine sehr hohe Hürde. Aus meiner Sicht ist das perfide und niederträchtig, mich in diese Situation zu drängen. Deshalb haben wir die Klage eingereicht – in erster Instanz leider ohne Erfolg. Aber wir haben Beschwerde eingereicht. Das Landgericht München I wird an diesem Donnerstagvormittag entscheiden.
Was wollen Sie auf der Jahreshauptversammlung genau erreichen?
Ich will den Antrag vorstellen und eine Abstimmung ermöglichen. Wenn der Antrag zugelassen wird, reicht eine einfache Mehrheit, um gegen eine Fortsetzung des Sponsorendeals über 2023 hinaus zu stimmen. Für die FC Bayern München AG, die den Vertrag mit Qatar Airways geschlossen hat, wäre das zwar rechtlich nicht unmittelbar und bindend, der FC Bayern eV als 75-prozentiger Anteilseigner der AG kann seine rechtlichen Hebel aber nutzen und die AG zum Ende der Geschäfte zwingen – etwa in der AG-Satzung, um neuen Verträgen mit Katar vorzubeugen. Und ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass sich die Klubspitze gegen das Votum des Vereins, also gegen die eigenen Mitglieder stellen wird.

Wie wollen Sie auf der JHV vorgehen, falls Ihr Antrag endgültig abgelehnt wird?
Zu Katar kann ich mich nur in den Wortmeldungen am Ende der Veranstaltungen äußern, da wird aber oft die Redezeit begrenzt. Das wird schwierig. Ich habe noch zwei weitere Anträge eingereicht, die zugelassen sind. Da geht es allerdings um Satzungsänderungen, da kann ich nicht zehn Minuten über Katar sprechen. Ganz ohne Satz über Katar wird es aber sicher nicht gehen.
Experten: Ohne öffentlichen Druck verbessert sich in Katar nichts
Bayern-Präsident Herbert Hainer sagt, dass er sich einem kritischen Austausch "mit Fakten und sachlichen Argumenten nicht verschließen" werde. Was sind konkret Ihre Kritikpunkte an der Partnerschaft mit Katar?
Alle Experten sagen, dass sich ohne öffentlichen Druck nichts verbessert in Katar. Es muss Aufmerksamkeit für die Probleme vor Ort geschaffen werden, etwa für die Einhaltung der Menschenrechte. Das Sponsoring des FC Bayern mit Qatar Airways lenkt aber nur von den Problemen ab, Katar profitiert von dem positiven Image des Klubs. Die Trainingslager in Katar würden eigentlich dazu dienen, auf öffentlicher Bühne Kritik zu äußern. Das müsste in Zukunft dann aber auch passieren vonseiten des FC Bayern.
Was erwarten Sie vom DFB mit Blick auf die WM 2022 in Katar?
Man spürt beim DFB nicht die größte Motivation, etwas Kritisches gegen Katar zu sagen. Dabei wäre das die Aufgabe, wenn man dort an einer Weltmeisterschaft teilnimmt.
Denken Sie nun sogar darüber nach, Ihre Mitgliedschaft beim FC Bayern zu kündigen?
Austreten werde ich nicht, aber der ganze Umgang mit meinem Antrag war erschreckend. Die Aussage, dass man keine Zeit gehabt hätte, den Antrag zu bearbeiten, war so unglaubwürdig und respektlos, dass es mich schon verletzt hat. Trotzdem will ich das Feld nicht kampflos überlassen, sondern ein unbequemes Korrektiv im Umfeld des FC Bayern bleiben. Das kann ja nicht schaden.