Kane fehlt, Neuer fliegt: Bayerns Pokal-Fluch geht weiter

Der FC Bayern muss sich einmal mehr frühzeitig aus dem DFB-Pokal verabschieden. Gegen Bayer 04 Leverkusen gab es am Dienstag eine 0:1-Niederlage, Manuel Neuer zieht früh die Notbremse.
von  Patrick Strasser
Völlig bedient: Joshua Kimmich nach dem Pokal-Aus in Leverkusen.
Völlig bedient: Joshua Kimmich nach dem Pokal-Aus in Leverkusen. © IMAGO / ActionPictures

München - Was für ein bitteres Aus im DFB-Pokal für den FC Bayern, der erste Titel der Saison ist futsch. In einem intensiven Pokalfight verloren die Münchner, die über 70 Minuten zu zehnt gerackert hatten, mit 0:1 gegen Double-Gewinner Bayer Leverkusen. Nach 18 Minuten hatte Kapitän und Torhüter Manuel Neuer wegen einer Notbremse Rot gesehen. Der Kapitän danach selbstkritisch: "Es ist jetzt keine richtig aktive Situation, wo ich versuche, ihm wehzutun. Das Ding ist, dass ich nicht den Ball berühre. Dadurch, dass ich den Ball nicht treffe, ist es für mich okay."

Ohne Neuer und ohne Top-Torjäger Harry Kane blieb der Tabellenführer torlos, aber nicht trostlos, wurde nach engagierter Leistung von den Fans gefeiert. Die Werkself dagegen ist nun in fünf Pflichtspielen in Folge gegen Bayern ungeschlagen (drei Siege, zwei Remis) und steuert zumindest im Pokal (Viertelfinale im Februar) auf die Titelverteidigung zu.

Manuel Neuer fliegt wegen Notbremse früh vom Platz

Die doppelte Frage des Abends lautete: Wie ersetzt Bayern Harry Kane? Und mit wem? Einen Kane, den man "nicht ersetzen kann", wie Kompany betonte, ersetzt man am besten mit zwei Top-Leuten. Doppelt hält besser. Und trifft besser? Kompany schickte Olise und Musiala in den Sturm. Linksfuß Olise stieß über halbrechts in die Mitte vor, Rechtsfuß Musiala über links. So der Plan im erstmals angewandten 4-2-2-2-System. "Ich hätte viele Spieler aufstellen können, aber es ist kein Problem, dass Michael in diese Rolle geht, auch mit Jamal können wir das lösen", meinte Kompany vor Anpfiff in der ARD. Dahinter kamen Leroy Sané (rechts) und Kingsley Coman (links) über die Flügel.

Schöner Plan. Bis Neuer kam. Zu weit und zu stürmisch aus seinem Tor. Bis der so erfahrene Ex-Nationaltorhüter den nach einem langen Pass von Jonathan Tah Richtung Strafraum eilenden Jeremie Frimpong per Bodycheck stoppte – und nicht den Ball. Schiedsrichter Harm Osmers musste Neuer und den Bayern Schaden zufügen, gab glatt Rot wegen der Notbremse (mit Anlauf). Berechtigt. In seinem 866. Spiel als Profifußballer sah der 38-Jährige erstmals überhaupt eine Rote Karte, hatte 23 Mal Gelb auf der Kerbe. Rotsünder Neuer. Man lernt nie aus. Wichtig noch: Auffahropfer Frimpong blieb unverletzt, nur Lackkratzer.

Trotz Unterzahl: Bayern spielt weiter mutig nach vorne

Für den Kapitän kam Daniel Peretz (24), Israels Nationaltorhüter, zu seinem dritten – und weitaus wichtigsten Pflichtspiel-Einsatz für die Bayern, da Neuers eigentlicher Stellvertreter Sven Ulreich (36) aktuell aus privaten Gründen fehlt. Wieder stand Kompany vor einer kniffligen Personalfrage: Wen rausnehmen? Es erwischte Sané, dem sein Trainer auf dem Weg in die Kabine ein paar tröstende Worte zuflüsterte. Fortan kam Olise wieder über den rechten Flügel, auch Musiala war im Zehner-Bob Bayern I mehr Anschieber als Steuermann. Und Kane? Ach ja, der fehlte.

Dennoch spielten die Bayern mutig nach vorne, beide Teams hatten gute Chancen vor dem Tor (hier Laimer und Kim per Kopf, dort Wirtz) und jede Menge Schaum vorm Mund. Halbzeit 0:0, nur drei Gelbe Karten. Um das Schiff ohne den Käpt'n nicht sinken zu lassen, hängten sich die Roten so richtig rein. Biss. Wille. Leidenschaft. Ein echter Pokalfight mit Rudelbildungen, Karten fordern und kassieren, auch FCB-Sportdirektor Christoph Freund erwischte es in der Hitze des Gefechts.

Nathan Tella köpft Leverkusen völlig frei in Führung

Als der bei Leverkusen zur Pause eingewechselte Mittelstürmer Patrik Schick (Ersatz für den verletzten Victor Boniface) mit Blessur wieder runter musste, waren nur noch falsche Neuner auf dem Feld. Ein Taktikfest. Schach ohne Könige zwischen Kompany und Xabi Alonso. Dann zog Nathan Tella ganz weise per Kopf dem Heim-Team den Stecker, köpfte eine Grimaldo-Flanke völlig allein gelassen ein (69.) - in Mittelstürmer-Position. Tella war für Schick gekommen.

Kompanys letzte Karte, ein Dreier-Wechsel in der 73 Minute: Gnabry, Boey und der frisch von einem Schlüsselbeinbruch genesene Pavlovic. Doch alles anrennen und gegen den Aus stemmen half nichts. Olises Schuss in der Nachspielzeit strich vorbei.

Erstmals seit Dezember 2006 (2:4 bei Alemannia Aachen) scheiterte Bayern in einem Pokal-Achtelfinale. Wie in den letzten vier Spielzeiten wird's also wieder nichts mit dem Final-Fest Ende Mai in Berlin.

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