Kahn kritisiert Klinsmann-Konzept

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann ist am Dienstag 100 Tage im Amt. Die Bilanz ist mit neun Punkten aus sieben Spielen, 13 Gegentoren und Tabellenplatz elf ernüchternd. Während die Klubbosse sich zurückhalten, kommt erste, leise Kritik von Torwart-Titan Oliver Kahn.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann ist am Dienstag 100 Tage im Amt. Die Bilanz ist mit neun Punkten aus sieben Spielen, 13 Gegentoren und Tabellenplatz elf ernüchternd. Während die Klubbosse sich zurückhalten, kommt erste, leise Kritik von Torwart-Titan Oliver Kahn.

Mit Sorge und Skepsis verfolgt Oliver Kahn das Geschehen beim FC Bayern München und äußert versteckte Kritik an der Reformwut von Trainer Jürgen Klinsmann. „Es ist nicht ungefährlich. Jeder Verein hat seine eigene Philosophie, an der man da und dort ein bisschen drehen kann, aber die man nicht völlig über den Haufen werfen kann“, warnte der frühere Bayern-Torwart und -Kapitän bei einem PR-Termin am Montag in München. „Man kann auch nicht zum AC Mailand gehen und sagen 'wir spielen jetzt wie Real Madrid'. Das funktioniert nicht“, kritisierte Kahn die stürmischen Umwälzungen im Konzept des Rekordmeisters – und sparte nicht mit einem Wink in Richtung Chefetage: „Sie wollten jemanden, der den Verein umkrempelt. Wenn man jemanden wie Klinsmann verpflichtet, muss man wissen, wen man verpflichtet hat. Der Verein muss Geduld haben.“

Dass die strauchelnde Bayern-Elf den schlechtesten Saisonstart seit 31 Jahren hinlegte, empfand Ruheständler Kahn als verwunderlich. „Es ist überraschend. Zumal sich die Mannschaft nicht im Umbruch befindet. Es spielt ja praktisch dieselbe Mannschaft, die letztes Jahr das Double gewonnen hat“, gab der 39 Jahre alte dreifache Welttorhüter zu bedenken. Er wollte die Situation aber nicht allzu schwarz malen: „Man darf das jetzt nicht alles negativ sehen. Der FC Bayern ist noch immer eine Mannschaft, die eine gute Drei-Punkte- Serie hinlegen kann. Dann geht es wieder aufwärts.“

Unverständnis zeigte Kahn, der vor der Weltmeisterschaft 2006 von Klinsmann zur Nummer 2 im DFB-Team hinter Jens Lehmann gemacht und so auf die Ersatzbank verbannt worden war, im Fall Mark van Bommel. „Ein Kapitän, der auf der Bank sitzt, kann nicht die Rolle ausfüllen, die er sollte“, kommentierte Kahn die Degradierung des Niederländers vom Stamm- zum Ersatzspieler. „Mark ist in seiner Funktion geschwächt.“ Klinsmanns „Rotationsopfer“ van Bommel, unter Altmeister Ottmar Hitzfeld noch unverzichtbar, scheint langfristig dasselbe Schicksal wie seinerzeit dem entthronten Kahn zu drohen.

Trotz aller Aufregung und emotionalen Involviertheit versucht Kahn zunehmend Abstand vom Geschehen auf dem Rasen zu bekommen. An eine Rückkehr zu seinem alten Arbeitgeber in neuer Funktion sei noch nicht zu denken, sagte Kahn. “Wenn du im Übergang bist, hältst du dich aus allem raus. Ich habe das letzte Spiel nicht einmal gesehen. Ich muss jetzt Distanz gewinnen.“ Distanz verlieren muss dagegen der FCB: Der Rückstand zur Tabellenspitze beträgt schon stattliche sieben Punkte. (dpa)

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.