Kahn kontra Klinsi: »Schlechter Stil«
MÜNCHEN - Der Bayern-Kapitän wettert über den künftigen Trainer. Oliver Kahn ist befremdet über Jürgen Klinsmann, der das Spiel gegen Getafe als Tribünengast verfolgte. Auch Lothar Matthäus findet’s »respektlos«.
Besser nicht. Ottmar Hitzfeld verzichtete darauf, etwas über Jürgen Klinsmann zu sagen. Doch unbändig gefreut haben wird sich der aktuelle Coach, der zum Saisonende ein zweites Mal Abschied nimmt beim FC Bayern, nicht über den Beobachter des Getafe-Spiels in Block E, Reihe 3, Platz 17. Klinsmann, der neben Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge und Nick Theslof saß, einem von ihn verpflichteten Neuzugang im künftigen Scout-Team, litt gestenreich mit.
Ganz so, als wäre er nur als Fan gekommen. Doch Klinsmann kam als Vorbote seiner eigenen Arbeit. Am Mittwoch besuchte er die Bosse auf der Geschäftstelle, stellte ihnen Theslof vor und ließ sich mit Walter Junghans, dem Nachfolger von Torwartrainer Sepp Maier, fotografieren. Derart geheimnisvoll und zurückhaltend wie bei seinen drei vorherigen Besuchen nach der Vertragsunterschrift im Januar gestaltete er seine dritte Stippvisite in München diesmal also nicht. „Wir arbeiten eifrig daran, organisatorische Dinge vorzubereiten, damit wir Ende Juni, Anfang Juli sehr gut für die neue Saison aufgestellt sind – aber im Hintergrund“, erklärte er und fügte mit der Attitüde eines Gentleman hinzu: „In keinster Weise möchten wir die Arbeit von Ottmar Hitzfeld stören.“
Ein Besuch mit einem Geschmäckle
Hat Klinsmann das nicht doch? Hat sein Besuch mit der Personalie Junghans, die zur Folge hat, dass der langjährige Torwarttrainer Bernd Dreher gekränkt nach einem anderen Job Ausschau halten muss, nicht doch ein Geschmäckle? „Wir haben lediglich organisatorische Dinge besprochen“, wehrte sich Rummenigge.
Die Mannschaft hatte vorab nicht erfahren, dass der zukünftige Coach Augenzeuge des Getafe-Spiels sein würde. Und doch hat Kapitän Oliver Kahn für Klinsmanns Besuch kein Verständnis. „Wir sind auf dem Weg zu drei Titeln, da schadet jede Ablenkung. So etwas habe ich in meiner gesamten Karriere noch nie gehört oder erlebt, dass ein Trainer, der erst ab der kommenden Saison in der Verantwortung steht, schon in der laufenden Saison auf der Tribüne sitzt“, sagte er der AZ, „jeder muss das mit sich selbst ausmachen, was er in solch einer Situation für richtig hält. Aber ich halte das für keinen guten Stil. Das macht man nicht.“
Matthäus: "Verstoß gegen den Ehrenkodex"
Ein deutlicher Appell: Klinsi, lass uns in Ruhe! Nun wird es sich Klinsmann genau überlegen, in den letzten sechs Wochen der Saison nochmal als Tribünengast aufzutauchen. Ex-Bayern-Kapitän Lothar Matthäus zur AZ: „Ich würde so etwas unter Kollegen nicht machen. Damit hat er gegen einen Ehrenkodex verstoßen. Er hätte ja auch zu einem Spiel kommen können, wenn die Meisterschaft schon entschieden ist. Ich halte das für respektlos.“ Auch Stefan Effenberg hatte den Besuch Klinsmanns als „unglücklich“ bezeichnet. Effenberg bei „Premiere“: „Gerade, weil Hitzfeld in der Winterpause betont hat, froh darüber zu sein, bis zum Sommer in Ruhe arbeiten zu können.“ Mit der Ruhe ist’s nun dahin.
Patrick Strasser