Käpt’n Machtlos

MÜNCHEN - Kapitän Mark van Bommel wurde degradiert und auf die Bank verbannt: Er führt bei Bayern nicht die Mannschaft, sondern ein „Duell mit Ottl“, wie Klinsmann sagt. „Es ist eine verrückte Welt“
Es ist so gut gelaufen für Mark van Bommel. Im Sommer hat er einen neuen Trainer bekommen. Einen, der ihn vorbehaltlos unterstützt, der an ihm festhält. Ein Familienmitglied obendrein. Bert van Marwijk, sein Schwiegervater, ist nun Trainer der niederländischen Nationalelf. Gut für van Bommel. Denn dank van Marwijk konnte der 31-Jährige in die Oranje-Elf zurückkehren und war plötzlich wieder in. Er darf spielen. Er hat einen Stammplatz.
Im Sommer hat Mark van Bommel noch einen neuen Trainer bekommen. Es lief gut für ihn. Jürgen Klinsmann bestimmte ihn zum Nachfolger von Oliver Kahn. Stolz sei er, als erster Ausländer das höchste Spieleramt bekleiden zu dürfen, sagte er. Der Holländer wurde Klinsmanns Capitano – mittlerweile ein eher zweifelhaftes Vergnügen. Denn van Bommel ist bei Bayern Käpt’n Machtlos.
Beim 2:0 im DFB-Pokal gegen den 1. FC Nürnberg saß van Bommel schon zum zweiten Mal in dieser Saison 90 Minuten auf der Bank. Regiestrierte er dies nach dem 3:0 in Köln noch lässig („Das war abgesprochen, ich brauche auch mal eine Pause“), schmollte er am Mittwochabend. Kein Wort der Erklärung. Was sollte er auch sagen? Man werde ein bisschen wechseln, meinte Klinsmann lapidar, „es ist eine Situation, in der wir durch die Rotation Spieler für die nächste Aufgabe frisch halten. Es kommt viel Druck von der Bank.“ Gestern freute sich der Coach ob seiner Maßnahmen: „Das gibt einfach Leben in der Bude.“
Keiner ist ausgenommen. Nicht einmal der Kapitän. Noch bitterer für van Bommel ist Klinsmanns Ankündigung: „Es kommt auf dieser Position zu einem Duell mit Andi Ottl, der hervorragend trainiert und gespielt hat.“ Ein Kapitän, der um seinen Platz kämpfen muss: Damit ist er nicht nur hierarchisch entmachtet. Mit Oliver Kahn oder Stefan Effenberg hatte dies Ottmar Hitzfeld niemals gemacht. Ein Kapitän müsse immer gestärkt werden, lautete Hitzfelds Credo. Sitzt er draußen, ist das ein Signal an die Mannschaft: Er ist nicht so wichtig.
Für Stefan Effenberg, den Ex-Kapitän, ist dies fatal. „Es ist eine verrückte Welt, einen so erfahrenen Mann wie van Bommel zum Kapitän zu machen und ihn dann gleich zu Beginn einer Saison zweimal auf die Bank zu setzen“, sagte er bei „Premiere“, „das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Da wird es eine Veränderung in der Hierarchie geben.“
Van Bommel ist entmachtet – nur noch ein Kapitän auf Zeit. Auch deshalb, weil sein Vertrag am Saisonende ausläuft und eine Verlängerung noch nicht thematisiert wurde von den Bossen.
Anders die Situation bei van Bommels Stellvertretern: Lahms Kontrakt wurde bis 2012 verlängert, die Südamerikaner Lucio und Demichelis sollen ebenfalls neue Verträge bis 2012 erhalten.
Lucio war gegen Nürnberg Kapitän. Ihm, der immer gerne mit einem Wechsel nach Spanien liebäugelt, soll so ein Bleiben schmackhaft gemacht werden. Mit Demichelis, Zé Roberto, Toni und Ribéry bildet Lucio die mächtigste Fraktion im Team. Mark van Bommel dagegen hat einen richtig guten Kumpel: Den introvertierten Miroslav Klose.
Patrick Strasser