Kabinen-Krach und Krise: Ehemaliger FC-Bayern-Star Robert Lewandowski vor Aus in Barcelona?

München/Barcelona –"Ich kann es kaum erwarten. Ich freue mich schon richtig drauf", erklärte Harry Kane den anwesenden Reportern nach dem hart erkämpften 2:1-Sieg in Wolfsburg den er mit seinem Traumschuss kurz vor der Pause besiegelte. Gemeint war die Winterpause, seine allererste im Alter von 30 Jahren. 21 Bundesligatore erzielte der Engländer in seiner ersten Halbserie im Ausland und darf weiterhin hoffen, Robert Lewandowskis Rekord zu überbieten. Den Sprung vom gefeierten Neuzugang zum Publikumsliebling und Leistungsträger hat Kane längst geschafft.
Toptorjäger mit Tiefstwert: Robert Lewandowski beim FC Barcelona in der Krise
Genau gegenteilig gestaltet sich die Lage für Kanes prominenten Vorgänger. Nach 18 Partien steht Lewandowski für den FC Barcelona bei lediglich acht Saisontoren in La Liga, fünf hinter Spitzenreiter Jude Bellingham. Mit den Katalanen gelang dem Polen, anders, als in der vergangenen Saison, der Sprung ins Champions-League-Achtelfinale. Nur ein Tor in sechs Partien ist jedoch Lewandowskis schwächste Ausbeute seit seiner allerersten Königsklassensaison mit Borussia Dortmund 2011/12 (auch ein Tor).
An Lewandowski scheiden sich vereinsintern die Geister. Zwar ist er weiterhin Toptorjäger des Klubs. Allzu oft fällt er jedoch dadurch auf, zu ungünstigen Zeitpunkten Großchancen liegenzulassen. So, wie im Spitzenspiel gegen Girona (2:4). Kurz nachdem Ilkay Gündogan Barcelona mit dem 2:3 zurück ins Spiel holte, vergab Lewandowski den Ausgleich freistehend per Kopf. Praktisch im Gegenzug konterte sich die Überraschungsmannschaft zur Entscheidung.

Vitor Roques Ankunft setzt Lewandowski unter Druck
Nicht zuletzt deswegen denkt der FC Barcelona bereits an die Zukunft. Vergangenen Sommer verpflichteten die Katalanen Stürmer Vitor Roque von Athletico Paranaense für 40 Millionen Euro und verpassten ihm ein Preisschild in Höhe einer halben Milliarde Euro. Eigentlich sollte der Brasilianer erst zur kommenden Saison aufschlagen. Platz vier in der Liga mit sieben Zählern Rückstand auf das Spitzenduo aus Girona und Real Madrid machten einen Wintertransfer jedoch unumgänglich. Am Mittwoch traf Vitor Roque in Barcelona ein. "Er ist meine Wette, Xavis Wette und die Wette des Klubs", lobte Sportdirektor Deco beim Radiosender "RAC1" noch im November.
Worte, die für Lewandowski erstmal nichts Gutes verheißen. Eigentlich sollte sich sein Gehalt zur kommenden Saison erhöhen. Der Verein prüft jedoch, wie man das Salär des 35-Jährigen anpassen kann, berichtet die spanische Zeitung "Sport".
Kabinen-Rüffel von Xavi und Transfergerüchte: Lewandowski im Sommer wieder weg?
Auch im Team macht sich Lewandowski nur bedingt Freunde: "Mal schauen, ob du jetzt verdammt nochmal rennen kannst!", soll ihn Trainer Xavi in der Halbzeitpause des Spiels gegen den Tabellenletzten Almería (3:2 (1:1)) angeschrien haben. Bereits vor der Partie gab es den öffentlichen Rüffel: "Spieler wie Lewandowski und Raphinha sollten in der Lage sein, all die Chancen zu nutzen, die wir herausspielen", kritisierte Xavi.
Ob der Ankunft von Vitor Roque soll der FC Barcelona nun sogar einen Sommertransfer von Lewandowski in Erwägung ziehen. Laut der "Sport" hänge alles davon ab, ob der Spieler selbst wechseln wolle. Vereinsintern gäbe es jedenfalls zunehmend Stimmen, die einen Transfer befürworten würden. Klubs aus Saudi-Arabien werden als mögliche Abnehmer genannt. Einige Personen in Barcelonas Vorstand sollen bereits Gespräche mit Vermittlern geführt haben, die bei Transfers nach Saudi-Arabien verpflichtend sind. Bei der Ablösesumme spekuliert Barcelona laut Informationen von "Onda Cero" auf 30 Millionen Euro. Nicht zuletzt aufgrund des Gehalts sei man jedoch bereit, auch 20 Millionen Euro zu akzeptieren.

Trainer Xavi setzt in Lewandowskis Abwesenheit bereits auf die Zukunft
Dabei fing Lewandowskis Zeit beim FC Barcelona eigentlich vielversprechend an. In seiner ersten Saison in Spanien erzielte der 35-Jährige 33 Tore in 46 Spielen, holte sich mit 23 Treffern in "La Liga" den "Pichichi", die spanische Torjägerkanone, und gewann das Double aus Meisterschaft und Supercopa.
Auch aufgrund mehrerer Verletzungen ist die Tormaschine jedoch öfters in den Leerlauf versetzt. Diese Chance nutzte Trainer Xavi, um einige vielversprechende Youngster aus "La Masia", der vereinseigenen Akademie, zu zaubern, darunter Fermín López, der mittlerweile auch auf dem Radar von Nationaltrainer Luis de la Fuente steht. Marc Guiu entschied mit seinem allerersten Ballkontakt im Profifußball das Duell gegen Athletic Bilbao (1:0). Auch Lamine Yamal ist trotz seiner erst 16 Jahre bereits fester Teil des Profikaders. Vitor Roque würde sich alterstechnisch wie auch vom Spielstil nahtlos in die Philosophie des Klubs einfügen.
Und wie bei Krisen üblich fasst auch die spanische Presse Lewandowski keineswegs mit Samthandschuhen an. Guiu und Ferran Torres werden von der "Sport" ausdrücklich zu "guten Alternativen" gemacht. Die "As" ging im November sogar noch einen Schritt weiter und sprach von einem "Lewandowski-Problem".

Nur beim FC Bayern war Robert Lewandowski das System
In München war es Lewandowski gewohnt, der Fixpunkt jedes Angriffs zu sein. Besonders Hansi Flick und Julian Nagelsmann wussten mit ihrem hochaggressiven Pressing Lewandowskis Ausbeute zu maximieren. Seine letzten drei Bundesligasaisons beendete der Pole mit 35, 41 und 34 Treffern. Der FC Barcelona ist hingegen voll auf Ballbesitz ausgelegt und fokussiert sich lieber darauf, das Mittelfeld, glänzen zu lassen. Lewandowski ist nur noch Teil eines Angriffs und nicht mehr das System.
Dazu kommt, dass personelle Stabilität bei Barcelona dieser Tage selten ist. Nach dem Abgang von Sergio Busquets wurde das Mittelfeld neu aufgestellt. Nationalspieler Ilkay Gündogan kam ablösefrei von Manchester City. Pedri, den Xavi eigentlich als Stammspieler sieht, fiel zwölf Spiele mit Oberschenkelverletzung aus. De Jong musste mit verstauchtem Knöchel pausieren und um Lewandowski herum veränderte sich im Angriff einiges: Ousmane Dembélé verließ den Verein. João Félix kam. Raphinha, vergangene Saison noch Barcelonas zweitbester Torschütze, ist dadurch auf einmal nur noch Reservist. Das neue System braucht noch Zeit, sich – und Lewandowski in der Spitze – zu finden. Ob er die bekommt, ist fraglicher denn je.