Jupp zum Dritten – So wird’s ein Happy End

MÜNCHEN Einer geht noch, einer muss noch sein. Ein Sieg bei Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr, Sky und Liga total! live) – und die Bayern sind Meister. Ganz egal, was die Dortmunder am Samstag, diesmal zeitgleich beim Heimspiel gegen Augsburg, machen. „Wir können aus eigener Hand Meister werden und das Werk vollenden.“ Das Werk? Heynckes’ Werk. Im zweiten Jahr seiner dritten Amtszeit ginge der Bayern-Trainer mit seiner Mannschaft so früh wie niemand zuvor ins Ziel. Die bisherige Bestmarke: 1972/73 und 2002/03 nach 30 Partien.
Auch das früheste Meister-Datum würde man um 12 Tage unterbieten (1. FC Köln am 18. April 1964). Schöne Daten, schnöde Ziffern. Die Würdigung seines Schaffens übernimmt der 67-Jährige meist selbst, am Freitag sprach er von „einer bisher überragenden Saison“. Motto: Wenn dich keiner (so richtig) lobt, lobe dich selbst. Schon in der Winterpause während des Trainingslagers in Doha hatte Heynckes – im Wissen um die Kontaktaufnahme seiner Vorgesetzten mit Wunsch-Trainer Pep Guardiola ein bemerkenswertes Plädoyer.
Der Kernsatz: „Der FC Bayern hat in seiner Historie noch nie einen so modernen, zeitgemäßen, attraktiven Fußball gespielt.“ 13 Tage später wurde der Vertrag mit Guardiola, abgeschlossen im Dezember. öffentlich gemacht und Heynckes davon kurzfristig unterrichtet. Dass man in aller Eile per Vereinsmitteilung dessen Karriere-Ende auf das Saisonende terminierte, kränkte den Coach. Das sei seine Sache, merkte er an. Die Tendenz: Er macht wirklich Schluss – doch dafür braucht es noch einen schönen Rahmen. Eine Abschiedspressekonferenz auf der Heynckes eingerahmt wird von Uli Hoeneß, dem Präsidenten, seinem Freund, und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, der dem Scheidenden einen Job im Beirat anbot.
Gut gemeint. Was Heynckes kränkte. Der Titelmoment wäre, so der Trainer, „ein großes Ereignis für uns alle. Wir würden uns wahnsinnig Freude.“ Ein Bier ist erlaubt – alles mit gedämpftem Schaum, am Mittwoch geht es schließlich zum Rückspiel nach Turin. „Verbote gibt es nicht“, sagte Heynckes, „ich weiß, dass meine Mannschaft sehr diszipliniert ist. Alles in Maßen, wie das im Leben ist. Wir werden moderat feiern“. Und er selbst? Ein Glas Rotwein auf seinen dritten Meistertitel als Coach nach 1989 und 1990 – unglaubliche 42 Jahre nach seinem ersten Schalen-Rendezvous 1971 als Spieler bei Borussia Mönchengladbach? Heynckes: „Das kann gut möglich sein, ist ja nicht verboten.“ Besonders im letzten Satz schwang das aktuelle Gefühl von Heynckes mit.
Diese Zerrissenheit zwischen größtmöglicher Genugtuung und schwerstmöglicher Zufriedenheit. Denn die Meisterschaft ist erst der Anfang. Als großes Ziel Anfang der Saison auserkoren nach zwei Jahren Abstinenz samt Peinigung durch die Dortmunder. Dadurch, dass der Titel so souverän, so schnell, so rekordgewaltig eingefahren wurde, wirkt die Schale als längst verbucht. Schön – und gut (ist’s). Wichtiger ist die Champions League. Man stelle sich vor, der FC Bayern würde im Halbfinale am BVB scheitern. Oder Schwarz-Gelb triumphiert im Finale. Schal wäre sie, die Schale. Auch durch einen Pokalsieg nur wenig aufgehübscht.
Die Bayern 2013 sind so gut, dass ihnen nur der Pott der Champions League echtes Glück verschafft. Heynckes geht es genauso. Für ihn wäre es der dritte Titel als Bayern-Coach, ein richtiges Happy End für ihn gäbe es aber nur am 25. Mai in London.