Jupp verrobbt sich

Das Experiment, den lange verletzten Robben gegen Dortmund von Beginn an zum Comeback-Glück zu zwingen, ging nicht auf. Möglich, dass er jetzt wieder auf die Bank muss.
von  Thomas Becker

Das Experiment, den lange verletzten Arjen Robben in einem so wichtigen Spiel von Beginn an zum Comeback-Glück zu zwingen, ging nicht auf. Gut möglich, dass er jetzt wieder auf die Bank muss.

München - Es war wirklich kein leichter Einstieg für Arjen Robben. Lausig kalt, Handschuhe-plus-lange-Unterhosen-Wetter - und dazu ein ausgesprochen giftiger, von Beginn an hoch motivierter Gegner. Erster Ballkontakt nach vier Minuten und sieben Sekunden: ein Kopfballduell. Erster Vollkontakt mit Gegenspieler Marcel Schmelzer eine Minute später: ein schmerzhafter Tritt auf den Fuß. Erstes Dribbling in Minute 13: misslungen, da ohne Ball losgelaufen. Erste Schwalbe in der 20. Minute: Ermahnung vom Schiedsrichter. Danach: Verunsicherung, Rückpässe. Torschüsse? Fehlanzeige. Robben sagte: „Es war kein kleines Spiel, um wieder anzufangen.”

Wegen einer Leisten-OP hatte der gefeierte Flügelflitzer sieben Wochen lang nicht mehr gespielt, sprach selbst aber von insgesamt drei Monaten, die ihn seine Verletzung mal wieder gekostet hatte. Genau so spielte er dann auch gegen Dortmund: wie jemand, der sehr lange nicht mehr in einem Pflichtspiel auf dem Rasen stand. 72 Minuten lang versuchte er ins Spiel zu finden – vergebens. Selbst ein Klasse-Spieler wie er kann eine solche Wettkampfpause nicht einfach abschütteln und wieder fröhlich losdribbeln wie einst im Mai. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sagte: „ Ich bin einfach nur zufrieden, dass er zurück ist. Dass er nach drei Monaten Pause noch nicht ganz bei 100 Prozent ist, ist normal. Man kann nicht erwarten, dass einer, der wochenlang weg war, das Spiel gleich im Alleingang entscheidet.” Robben sah das ähnlich: „Es ist gut, wieder auf dem Platz zu stehen. Aber normalerweise fängt man auf der Bank an und kann langsam in den Rhythmus kommen.”

Doch sein Trainer hatte andere Pläne: Da Toni Kroos als Schweinsteiger-Ersatz das defensive Mittelfeld stärken sollte, brauchte Heynckes den Comebacker Robben. Ende vergangener Woche habe der Trainer ihn gefragt, ob er sich die Startformation im Spitzenspiel gegen Dortmund zutraue, erzählte Robben nach der Partie und er habe gesagt: „Okay, dann machen wir das so.” Doch der Jupp hat sich verrobbt, Heynckes’ Experiment ging nicht auf, Robben wirkte zuweilen fast wie ein Fremdkörper im zuletzt so runden Bayern-Spiel, fand keine Bindung und verließ bei seiner Auswechslung ohne jedes Lamento den Platz: „Ich war zufrieden, dass ich 70 Minuten geschafft habe”, meinte der sonst so Überehrgeizige, der insgesamt aber mit seiner Leistung zufrieden war: „Das waren 70 Minuten auf hohem Niveau, das ist etwas ganz anderes als Training. Ich brauche Rhythmus, ich brauche Spiele, um fit zu werden und auf mein Niveau zu kommmen.”

Nach der fehlenden Kreativität im Bayern-Spiel gefragt, stammelte Robben zunächst nur „Ich weiß auch nicht”, fand dann aber doch noch einen Aspekt: „Bewegung und Überraschung haben gefehlt. Wir hatten Probleme, das Spiel zu verlagern. Von links nach rechts haben wir die rechte Seite nicht schnell genug gefunden.” Preisfrage: Und wer spielt da wohl auf dieser rechten Seite? Richtig: Robben. Doch so wie Lukas Podolski zuletzt im Länderspiel gegen Holland links gelassen wurde, versuchten es die Bayern-Kollegen nun lieber über die linke Seite mit Philipp Lahm und Franck Ribéry.

Offen ist, ob Jupp Heynckes seinen Rekonvaleszenten auch in der Champions-League-Partie am Dienstagabend gegen den FC Villarreal (20.45 Uhr, Allianz Arena) von Anfang an ins Rennen schickt oder doch wieder die Offensive umbaut, um dem empfindlichen Robben - Spitzname: Mann aus Glas - einen etwas gemächlicheren Wiedereinstieg zu ermöglichen. Es wäre ihm fast zu wünschen. 

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