Jupp Heynckes: Sein Finale daheim

München - Klare Sache: Das Ding ist Heynckes’ ganz persönliches Endspiel. Sein „Finale daheim“. Das 1011. Bundesliga-Spiel wird das letzte von Josef „Jupp“ Heynckes sein, am Samstag tritt er mit dem FC Bayern bei Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr/Sky & Liga total!) an. Dem Verein, mit dem er als Spieler Titel holte und Nationalspieler wurde. Dem Verein, bei dem er 1979 seine Trainerkarriere begann. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, das wäre ein ganz normales Spiel – das ist es selbstverständlich nicht“, sagte Heynckes bei seiner letzten Pressekonferenz an der Säbener Straße. „In Mönchengladbach habe ich meine Trainerkarriere begonnen und werde sie auch beenden. Es werden wahnsinnig viele Erinnerungen wach. Es wird sicher noch emotionaler werden als der Abschied in der Allianz Arena.“
Es ist zwar nicht mehr der Bökelberg, aber es ist „sein“ Gladbach. Heynckes hat heute noch ein Haus in Schwalmtal, keine 15 Kilometer vom Stadion entfernt. 50 Jahre dauert seine Profi-Karriere an. 22 Jahre davon hat er bei Gladbach verbracht, immerhin sechs bei Bayern. Die kurioseste Erinnerung? „Der Pfostenbruch beim Spiel gegen Bremen!“ 1971 war das, in seiner ersten Meistersaison. 1:1 stand’s kurz vor Schluss, als das morsche Holz nachgab. „Die Ordner haben versucht, es aufzustellen, wir haben es immer wieder ein bisschen runtergerissen, weil wir auf ein Wiederholungsspiel hofften.“ Denkste, der DFB wertete das Spiel 0:2 – Gladbach wurde dennoch Meister.
Am Freitagabend traf sich Heynckes mit den 73er-Pokalsiegern der Borussia in einer Lounge des Stadions zu einem Abendessen, nahm sich extra „zwei, drei Stunden“ Zeit. Auf der Agenda: „In Erinnerungen schwelgen. So wie das üblich ist.“
In der AZ sprechen alte Weggefährten über Heynckes’ einmalige Bundesliga-Karriere, die AZ personalisert die Aussagen zu einer Kernaussage:
Der Meinungsstarke
Udo Lattek: „In Gladbach war er mein Spieler, später mein Co-Trainer, 1987 dann mein Nachfolger auf der Bayern-Bank. Jupp und ich waren sicher nie die besten Freunde, auch nicht immer einer Meinung, haben sie uns dann und wann auch mal gesagt. Ich kann nur den Hut ziehen vor seiner Leistung in dieser Saison. Was er mit Bayern geschafft hat, ist außergewöhnlich. Vor allem, dass die Spieler, die mal auf die Bank mussten, ruhig geblieben sind. Er hat das perfekt hingekriegt.“
Der Perfektionist
Rainer Bonhof, Mitspieler in Gladbach von 1970-78: „Bei Jupp hatte ich schon damals, als wir miteinander gespielt haben, das Gefühl: der wird mal Trainer. Nach den Spielen im Bus trieb ihn die Neugier an, um alle Details zu verstehen, warum wir mit Gladbach gewonnen hatten oder nicht. Ihn hat immer seine Weitsicht und Umsichtigkeit ausgezeichnet. Schon als Spieler war er Perfektionist und hat sich und andere stets gefragt: Was kann man verbessern?“
Der Akribische
Olaf Thon, spielte unter Heynckes von 1988-91: „Jupp hat nie mit Geldstrafen gedroht, das hat er nicht nötig gehabt – außer bei Roland Wohlfarth, der oft mit Hüftgold aus dem Urlaub zurückgekehrt ist. Ich weiß noch, wie er mir ganz akribisch das Kopfballspiel beigebracht hat: ’Nicht über den Scheitel rutschen lassen, sondern mit der Stirn köpfen!’ Er hat jetzt, zum Ende seiner Karriere, seine erfolgreichste Zeit. Ich drücke ihm die Daumen fürs Triple!“
Der Verständnisvolle
Manfred Schwabl, spielte unter Heynckes 1989-1991: „Wir haben Freitagabends im Mannschaftshotel immer Karten gespielt, um 23 Uhr spätestens war Bettruhe. Einmal war es schon fünf nach elf – aber richtig spannend. Jupp wollte uns auf die Zimmer schicken. Da hat Uli Hoeneß, der auch dabei saß, ihn gebeten, uns weiterspielen zu lassen. Jupp winkte ab und ließ uns einfach machen. Wir waren so sehr motiviert, dass wir das Spiel am nächsten Tag klar gewonnen haben.“
Der immer Konsequente
Horst Köppel, 1994/95 sein Co-Trainer in Frankfurt: „Jupp war bei der Suspendierung von Gaudino, Okocha und Yeboah konsequent. Die Spieler hatten sich am Tag vor einem Spiel aus fadenscheinigen Gründen krank gemeldet, nachdem Jupp sie kritisiert hatte. Sowas kann man sich als Trainer nicht bieten lassen!“
Der zu allen stets Ehrliche
Frank Rost, Torwart unter Heynckes bei Schalke in der Saison 2003/04: „Jupp war immer ehrlich, direkt, hielt sich an seine Aussagen – das findet man selten in dem Geschäft. Seine Stärke ist sein Herz, ein herausragender Mensch. Leider wurde er vom Präsidium zu früh entlassen, mit ihm hätten wir auf Schalke Großes gewonnen.“
Einer mit besonderer Gabe
Wolfgang Holzhäuser, Chef von Heynckes bei Bayer Leverkusen von 2009-11: „Jupp ist ein Trainer von großem Format. Er hat die besondere Gabe, aus einer Mannschaft mehr herauszuholen als sie zu leisten imstande ist. 2011 war ich bitter enttäuscht, dass er nicht bei uns geblieben ist, sondern zurück zu Bayern ging.“