Jupp Heynckes ist Trainer des Jahres: „München? Wunderbar!“

Fünf Wochen genügten Jupp Heynckes, um den FC Bayern nach dem Klinsmann-Desaster zu retten. Er selbst glaubt, dass er eigentlich aufgrund seiner Erfolge von 1987 bis 1991 gewählt wurde.
AZ: Herr Heynckes, herzlichen Glückwunsch! Fünf Wochen beim FC Bayern haben Ihnen gereicht, die AZ-Leser davon zu überzeugen, Sie zu Münchens Trainer des Jahres 2009 zu wählen.
JUPP HEYNCKES: Das freut mich sehr, vielen Dank. Denn im Grunde war ich ja tatsächlich nur diese fünf Wochen in München, das ist nicht viel Zeit, da konnte ich ja nicht viel machen – dennoch bin ich den Menschen wohl in guter Erinnerung geblieben.
Ihre Bescheidenheit in allen Ehren, aber Ihnen hat der FC Bayern zu verdanken, dass man in dieser Saison überhaupt in der Champions League starten konnte. Sie haben in dieser kurzen Zeit Platz zwei mit vier Siegen in fünf Spielen gesichert.
Der FC Bayern war in Bedrängnis, da habe ich gerne geholfen. Das war eine Herzensangelegenheit. Aber ich denke, dass die Leute in und um München auch noch meine erste Zeit (Juli 1987 - Oktober 1991, d.Red.) in Erinnerung haben. Damals war ich ja noch ein relativ junger Trainer, es war meine zweite Station nach Mönchengladbach. Meine Frau Iris und ich haben in Grünwald gewohnt und uns in München verliebt, diese vier Jahre waren unvergesslich. Diese Annehmlichkeiten! Das Umland, dann das Klima in der Stadt mit all den Theatern, Restaurants und Biergärten – wunderbar.
Nach Ihrem Kurz-Job in München hatten Sie mit Ihrer Frau wieder das Rentner-Dasein auf dem restaurierten Bauernhof in der Nähe von Mönchengladbach genossen – bis dann doch Bayer Leverkusen anfragte. Nun haben Sie noch eineinhalb Jahre Vertrag.
Den Bauernhof haben wir ja noch, da wollen wir auch unseren Lebensabend verbringen. Das ist sicher. Die heutige Zeit ist so schnelllebig, ich will den Moment leben. Erst einmal plane ich bis Saisonende, dann habe ich noch ein Jahr Vertrag, mal sehen. Ich lasse alles auf mich zukommen.
Auch die Meisterschaft? Sie gehen immerhin mit Bayer Leverkusen, was viele Experten nie geglaubt hätten, als Tabellenführer in die Rückrunde.
Wir bleiben stur bei dem, was wir zu Beginn der Saison gesagt haben. Unser Ziel ist es, dass ein Verein wie Bayer Leverkusen im kommenden Jahr in einem internationalen Wettbewerb spielen muss. Mir ist aber auch klar, dass wir eine Bombenausgangsposition haben. Wir waren die beste Mannschaft der Vorrunde und sind zurecht Herbstmeister geworden.
Eigentlich kann man dann doch nicht tiefstapeln und von Rang fünf als Saisonziel sprechen.
Na ja, ich sage es mal so: Die anderen fünf, sechs Vereine hinter uns müssen uns in der Rückrunde erstmal überholen.
Glauben Sie, dass die Mannschaft die Form der Hinrunde halten kann? Wie wollen Sie verhindern, dass Leverkusen, wie schon so oft geschehen, in der Rückrunde einbricht?
Wir haben viele Spieler, die aus der Reha zurückkommen. Etwa Renato Augusto, Rolfes, Helmes, Kadlec und Lars Bender, der eine Meniskus-Operation gut überstanden hat. Wir haben dadurch nun mehr Alternativen und Qualität, können Spiele von der Bank aus gewinnen. Ich bin zuversichtlich für die Rückrunde, dass wir noch konstanter werden.
Also den Titel holen. Befürchten Sie nicht, dass die Bayern, bei denen sich Mannschaft und Trainer van Gaal nun aneinander gewöhnt haben, von Platz drei aus nach oben durchstarten?
Wir sind zwei Punkte vorne, haben exzellenten Fußball gespielt. Ich kenne den FC Bayern auswendig, den Verein, die Mannschaft, das Innenleben. Also kenne ich auch die Schwächen. Ich fürchte mich nicht vor den Bayern.
Interview: Patrick Strasser