Jupp, der Film: Die perfekte Inszenierung

Ein Feierbiest ist der Bayern-Trainer nicht – und doch wird er sich am Samstag für die Meisterschaft bejubeln lassen. Dann bleiben ihm noch drei Spiele. „Es ist wie in einem Drehbuch“
Patrick Strasser |
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Ein Feierbiest ist der Bayern-Trainer nicht – und doch wird er sich am Samstag für die Meisterschaft bejubeln lassen. Dann bleiben ihm noch drei Spiele. „Es ist wie in einem Drehbuch

München - Vor vier Jahren hat er schon einmal geübt. Da wurde Jupp Heynckes, damals der Scherbenzusammenkehrer nach Trainerpraktikant Jürgen Klinsmann, von den Fans gefeiert und von seinen Spieler genötigt, ihn die Fankurven der Allianz Arena zu gehen. Heynckes gehorchte. Er winkte, verbeugte sich und machte – wie einst Berti Vogts – die One-Man-La-Ola. Etwas schüchtern, leicht ungelenk.

Am Samstag wird Heynckes, nun 68, nach dem Heimspiel gegen den FC Augsburg (15.30 Uhr, live bei Sky und Liga total!) wieder nicht drumherum kommen, sich feiern zu lassen. Die Party zur 23. Meisterschaft des FC Bayern in Fröttmaning und später am Marienplatz ist auch die Würdigung seiner Leistung. „Natürlich kommt Wehmut auf“, sagt der Trainer. Heynckes ist keiner, der so nah am Wasser gebaut ist wie Ottmar Hitzfeld, kein Feierbiest wie Louis van Gaal. Womöglich aber in drei Wochen erfolgreicher, weil er als einziger Triple-Trainer in die Historie eingeht.

Vorher kommt das Weißbier von oben – Dusche, die erste. „Ich habe nichts vorbereitet, werde mir etwas überlegen.“ Jeder Trainer braucht einen guten zweiten Anzug.
Ebenso wie das Adrenalin, die Hitze der Gefechte, die Arbeit mit der Jugend. Sechs Wochen war Heynckes bei seinem Zufalls-Comeback im Frühjahr 2009 eingesprungen, mit 64. Es folgten: Zwei Jahre Leverkusen, zwei Jahre FC Bayern. Und nun? Es wird sein Arena-Servus, das steht fest. Neu ist, dass er bestätigte, nur noch zwei Bundesliga-Spiele zu coachen: „So wie es aussieht, wird es ein Abschied aus der Bundesliga werden.“

Erst Augsburg und am Pfingstsamstag in Gladbach – gegen „meinen Verein“, wie er die Borussia nennt, seine Liebe. „Das ist eine Konstellation wie in einem Drehbuch, denn somit schließt sich ein Kreis für mich.“ Ein Rührstück, perfekt inszeniert, es ist die Faust-aufs-Auge-Rahmenhandlung für Heynckes, der mit 19 Jahren, man schrieb das Jahr 1963, seine Karriere am Bökelberg begann. Nach zwölf Spielzeiten im Borussen-Trikot wurde er Co-Trainer, später Chefcoach. Beim dritten Bayern-Engagement glaubt er nun, es mit dem Titel allen bewiesen zu haben. „Wenn man eine Mannschaft wie Bayern trainiert, die alle Rekorde knackt, gibt es kein Ziel mehr, in der Bundesliga eine Mannschaft zu trainieren.“ Adios, Deutschland.

Reizt ihn doch noch ein Job im Ausland? Wenn Real Madrid wie im Jahre 1997 fragt? Nein, es zieht ihn in seine Heimat, ins niederrheinische Schwalmtal, auf seinen Bauernhof bei Mönchengladbach. Eine eigene Pressekonferenz darf es dann sein am Ende von 30 Trainer-Jahren. Aber bitte nicht im Zuge einer Titel-Party – wenn schon mit eigener Bühne. Vorher möchte er in zwei Finals reüssieren und aus London (25. Mai) und Berlin (1. Juni) jeweils den Pott mit nach München bringen.

Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge hatte ihm zum Abschied nette Worte zugeworfen, ihn als den „wahren Special One“ bezeichnet – und nicht Wortschöpfer José Mourinho. Darauf sagte Heynckes: „Andere Menschen leisten besondere Dinge, Altenpfleger, Feuerwehrmänner, Notarzthelfer, Menschen, die sich aufopfern oder Soldaten in Afghanistan, die ihr Leben gelassen haben oder an Leib und Seele verletzt sind: Das sind besondere Menschen. Klar, wir haben eine besondere Saison gespielt, das ist sehr erfreulich. Ich sehe das differenzierter.“

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