Jürgen Bond - und die Liebesgrüße aus München
Der BVB-Trainer sieht sich als 007, die Fußball-Welt auf Dortmunder Seite – und den FC Bayern um Matthias Sammer als Bösewichte. „Klar, dass das Publikum verrückt spielt“, sagt Hitzfeld
München - Es gibt sie schon seit Jahren, die Diskussion um den besten Bond aller Zeiten. Roger Moore? Zu flapsig. Pierce Brosnan? Zu glatt. Sean Connery? Am ehesten. Oder doch vielleicht: Jürgen Klopp, der in diesen Tagen so auftritt, als wolle er sagen: „Mein Name ist Bond. Jürgen Bond.“
Dortmunds Trainer sorgte jedenfalls mit seinem zynischen Bond-Vergleich vor dem Champions-League-Finale gegen den FC Bayern für helle Aufregung. „Ich denke, in diesem Moment muss die Fußball-Welt auf unserer Seite sein“, sagte Klopp und unterstellte den Bayern in Bezug auf die Transfers von Mario Götze (fix) und Robert Lewandowski Allmachtsfantasien. Motto: „Die Welt ist nicht genug.“ Klopp: „Es ist wie bei James Bond – außer, dass sie der andere Typ sind.“ Also der Fiesling. Ein Feuerball aus Dortmund, den Sammer prompt beantwortete – mit „Liebesgrüßen aus München“. Wenn Klopp meine, „gewisse Bilder in die Welt senden zu müssen“, sei das sein Bier, sagte Sammer. Und stichelte: „Die ganze Welt hinter sich zu wähnen, ist auch eine Form der Bescheidenheit...“
Das Duell zwischen Klopp und Sammer hat spätestens seit dem Liga-Spiel, als sich beide beinahe an die Gurgel gingen, etwas von Popcorn-Kino. „Wenn jemand in unsere Zone kommen will – herzlich Willkommen“, meint Sammer in Richtung Klopp. Man lebt schließlich nur zweimal. Ein ehemalige Weggefährte Sammers sieht das ganze Geplänkel dagegen zweischneidig. „Wenn er Jürgen Klopp, eine Institution in Dortmund angreift, ist es klar, dass das Publikum verrückt spielt“, sagt Sky-Experte Ottmar Hitzfeld, der mit Sammer als Spieler 1997 mit dem BVB die Champions League gewann. Lothar Matthäus liefert die Erklärung: „Solche Attacken führen natürlich nicht dazu, dass er in Dortmund geliebt wird. Aber er tut alles für den Verein, wie schon als Spieler. Alles, um Titel zu gewinnen. Er ist auf einem guten Weg.“
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Dass Sammer sich hinterrücks an Götze ran schmiss – normalerweise eine Bond-Masche – findet Hitzfeld sogar „legitim, wir leben schließlich in einer freien Marktwirtschaft. Den Luxus, den Kader optimal verstärken und dabei alle Mittel einsetzen zu können, hat sich Bayern erarbeitet.“ Dortmund hätte es ahnen können. Sammer ist im Bond-Sinne der „Beißer“ – „ein ewiger Drängler, ein Ehrgeizling, ein Mann, der nie zufrieden ist“, wie ihn Uli Hoeneß charakterisiert. „Immer heiß, ein Gewinnertyp“, sagt Thomas Müller. „Er versucht uns scharf zu halten“, sagt Arjen Robben.
Motto: Sag niemals nie. Für die BVB-Fans und -Funktionäre ist er dagegen nur noch der Spion, den sie liebten. Vergangenheitsform. „Verdienste werden schnell vergessen, wenn man die Fronten wechselt“, sagt Hitzfeld. „Er macht jetzt den Job, den Hoeneß von ihm erwartet“, sagt Matthäus. Der Sport-Vorstand im Geheimdienst ihrer Majestät, quasi. Dazu gehört: fies sein. Doch wie fies ist er wirklich? Im Audi Star Talk (Freitag um 21.15 Uhr in Sport1) gab Sammer selten intime Einblicke, erklärte, dass Bayern für ihn auch zum Fehlschlag hätte werden können. „Hätte ich nur daran gedacht, welche Rolle ich ausfüllen muss, hätte ich nicht anfangen können“, sagte er. Den DFB zu verlassen und zu Bayern zu gehen, war für Sammer auch ein bisschen Casino Royale, ein Wagnis.
Doch es ging gut. Weil er sich Ziele – und Feindbilder schaffte. „Ich strebe an, dass mich irgendwann nicht nur meine Familie, sondern die ganze Nation liebt, aber noch gelingt es mir nicht“, sagt er ironisch. Denn: „Wir gehen unseren Weg – so, wie wir ihn für richtig halten. Mich interessiert nicht, was andere über uns sagen.“
Aber Sammer ist kein Unmensch. Nach Wembley würde er Jürgen Bond sicher ein Quantum Trost spenden.