José Carreras schwärmt von Pep Guardiola und dem FC Bayern

Im AZ-Interview erklärt der spanische Star-Tenor José Carreras, warum Pep Guardiola - der Ex-Trainer seines Lieblingsvereins FC Barcelona - so gut nach München passt.
München - José Carreras und Franz Beckenbauer fielen sich in der Umkleide in die Arme. Der Tenor und der Fußballer kennen sich seit Carreras' Auftritt bei der WM 1990 in Italien, an der Seite von Placido Domingo und Luciano Pavarotti: Der Geburtsstunde der drei Tenöre, gefolgt vom Weltmeistertitel der Deutschen, mit Beckenbauer als Trainer.
Vor dem Champions-League-Spiel des FC Bayern in Pilsen führte Sky die beiden Weltstars wieder zusammen. Die AZ traf Carreras, inniger Fan des FC Barcelona und derzeit für seine Leukämie-Stiftung auf Tour, zum Interview.
AZ: Herr Carreras, Sie vertreten Katalonien seit Jahrzehnten auf den Opern- und Konzertbühnen der Welt. Ein anderer großer Katalane ist mittlerweile in München angekommen - er arbeitet allerdings auf dem Rasen.
JOSÉ CARRERAS: Ich kenne Pep Guardiola aus seiner Zeit beim FC Barcelona, leider haben wir schon länger nicht mehr miteinander gesprochen. Er hat immer so viel zu tun (lacht). Er war jedenfalls schon ein großartiger Spieler und ein sehr, sehr erfolgreicher Trainer.
Passen die Deutschen und die Katalanen zusammen?
Gesunder Menschenverstand und das Streben nach Freiheit und Demokratie passen immer zusammen!
Was müssen die Menschen hier in München über Guardiola wissen?
Vor allem ist er ein Mann voller Überraschungen. Das werden sie Schritt für Schritt kennenlernen! Was meiner Meinung nach seine größte Stärke ist: Natürlich kennt er sich mit Taktik und Strategie aus – aber vor allem weiß er, wie er Menschen führen muss. Das hat er in Barcelona brillant gemacht und ich gehe davon aus, dass er das in München genauso macht. Er ist eine große Persönlichkeit, eine Respektsperson für seine Spieler. Ich wünsche mir, dass er in München genauso erfolgreich ist wie in Barcelona. Es sei denn, wir spielen gegen den FC Bayern!
Sie sind Barca-Fan von ganzem Herzen. Wie haben Sie das Ausscheiden gegen die Bayern in der vergangenen Champions-League-Saison erlebt?
Die haben geschmerzt! Die haben jedem unserer Fans geschmerzt! Ich war reif für den Psychiater! (lacht) Aber ernsthaft, die einzige Entschuldigung, die es vielleicht gibt, war, dass Messi gefehlt hat. Na gut, vermutlich hätte Bayern auch gegen Barcelona mit Messi gewonnen, aber es wäre sehr viel enger geworden!
Was erwarten Sie von der laufenden Champions-League-Saison? Wird Barcelona sich revanchieren?
Im Moment ist Bayern Barcelona einen Schritt voraus. Im Moment sehe ich uns im Kreis der fünf, sechs Mannschaften, die auf jeden Fall um den Titel mitspielen.
Vor gar nicht allzu langer Zeit galt der deutsche Fußball als ziemlich unattraktiv. Mittlerweile hat sich das Bild gewandelt. Wie haben Sie das betrachtet?
Ich habe den deutschen Fußball immer schon gerne gesehen. Selbst in der Zeit, als Deutschland nicht viele Stars hatte, haben sie einen ehrlichen Fußball gespielt. Und Sie kennen ja den Spruch von Gary Lineker, oder?
Klar: Am Ende gewinnen immer die Deutschen! Denken Sie, das könnte schon bei der WM 2014 zutreffen?
Es wird schwer. Brasilien spielt im eigenen Land. Argentinien ist auch nicht weit weg. Aber natürlich gehört Deutschland zu den Mannschaften, die um den Titel mitspielen.
Fußball spielt eine sehr große Rolle in ihrem Leben. Das geht vermutlich auch gar nicht anders, wenn man in Barcelona aufwächst, oder?
(lacht) Ja, tatsächlich sind die allermeisten Katalanen Fußballfans. Und davon die meisten Anhänger des FC Barcelona, wenngleich es auch andere Mannschaften in der Region gibt. Wenn in Barcelona ein Kind auf die Welt kommt, eine Junge im speziellen, dann ist das erste, was der Vater macht: Das Kind beim FC Barcelona anmelden. Wir haben im Moment 180 000 Mitglieder. Weil es mehr als ein Verein ist, sondern ein Gefühl, eine ganz besondere Emotion.
Wie ist Ihre Leidenschaft für Fußball und Barcelona gewachsen?
Mit zehn hat mich mein Vater ins Stadion mitgenommen, alle meine Freunde in der Schule waren begeisterte Anhänger. Das hat auch für eine sehr starke Verbundenheit gesorgt.
Viele Fußballspieler heutzutage werden sich ihrer Verantwortung und Vorbildfunktion bewusst. Sie haben Ihre Leukämie-Stiftung vor vielen Jahren gegründet. Mittlerweile haben auch Persönlichkeiten wie Philipp Lahm eigene Organisationen ins Leben gerufen. Ist das in Spanien auch so?
Vor allem die Spitzenspieler engagieren sich sehr in sozialen Angelegenheiten. Das freut mich sehr, das ist überaus wichtig. Das zeigt ihre Qualitäten als Persönlichkeiten - neben ihren großartigen Fähigkeiten als Fußballern.