Jol, Sammer, Heynckes - Wer könnte folgen?
Der Daumen für Louis van Gaal ist gesenkt. Am Sonntag suchten die Bayern-Bosse angeblich fieberhaft nach der „besten Lösung“ zur Rettung einer verkorksten Bundesliga-Saison. Das Problem: Allzu viele große Trainer sind derzeit ja nicht auf dem Markt. Wer also könnte (vorübergehend) übernehmen?
München - Sie hätten es besser wissen können. Drei Trainer schon hatten in dieser Saison das Gastspiel in Hannover nicht überlebt. Zvonimir Soldo wurde in Köln ebenso am Tag nach der Pleite in Hannover gefeuert wie Jens Keller in Stuttgart und Steve McClaren in Wolfsburg.
Und doch wirkten Bayerns Bosse nicht wirklich vorbereitet auf die Situation. Dabei hatte Louis van Gaal höchstselbst schon am Freitag die entscheidende Frage gestellt. „Wer soll van Gaal nachfolgen? Das ist auch eine schwierige Frage.”
In der Tat. Die AZ stellt die verschiedenen Kandidaten vor, die teils sofort, teils erst im Sommer zur Verfügung stehen könnten.
Die schnelle interne Lösung: Breitner/Gerland, Scholl/Gerland:
Bevor Jürgen Klinsmann Ende April 2009 entlassen wurde, saß zufällig Jupp Heynckes neben Uli Hoeneß auf der Tribüne. Tags drauf war er Bayern-Coach. Am Samstag saß zufällig Paul Breitner mit Hoeneß, Rummenigge und Hopfner in Hannover auf der Tribüne.
Soll er übernehmen?
Das Problem: Bis auf sein nicht mal 24-stündiges Intermezzo als Bundestrainer 1998 hat Breitner nie als Coach gearbeitet. Könnte sich aus alter Vebundenheit zu Präsident Uli Hoeneß – genauso wie dessen Ziehsohn Mehmet Scholl – als Teamchef zur Verfügung stellen. Das Training leiten könnte dann Amateur-Trainer Hermann Gerland. Dessen Loyalität ist legendär, dessen Unbehagen, noch einmal in der Bundesliga an vorderster Front arbeiten zu müssen, aber auch. Es wäre eine Notlösung, mehr nicht. Theoretisch könnte auch van Gaals Co-Trainer Andries Jonker bis Saisonende übernehmen. Jonker gilt als umgänglich, Sportdirektor Christian Nerlinger schätzt ihn. Aber: Jonker hat die gleiche Auffassung von Fußball wie van Gaal. Ob das jetzt das richtige Zeichen wäre an die Mannschaft?
Die Freunde der Familie: Hitzfeld, Heynckes, Trapattoni als Übergang:
Im Januar 2007 übernahm Ottmar Hitzfeld kurzfristig von Felix Magath, 2009 half Jupp Heynckes aus. Aber: Hitzfeld verlängerte erst letzte Woche seinen Vertrag beim schweizer Verband, Jupp Heynckes ist in Leverkusen erfolgreich. Selbst Giovanni Trapattoni, zugegeben ein verwegener Gedanke, ist glücklich als Nationaltrainer Irlands – und außerdem bald 72. Als kurzfristige Lösung scheiden sie aus. Aber: Heynckes lässt Leverkusen schon seit Wochen zappeln mit seiner Vertragsverlängerung. Weil Uli Hoeneß ihn angerufen hat? Heynckes noch einmal für nächste Saison zu reaktivieren, weil ab 2012 vielleicht doch Dortmunds Jürgen Klopp zu haben wäre? Oder vielleicht auch Jogi Löw. Diese Gedankenspiele haben zugegebenermaßen einen gewissen Charme.
Die nationale Lösung: Sammer/Fink:
Ex-Hoffenheim-Coach Ralf Rangnick gilt als nicht vermittelbar bei Hoeneß, zu groß scheint da die gegenseitige Antipathie. Matthias Sammer kann sich nach der Sportdirektor-Posse mit dem HSV keinen abrupten Weggang vom DFB leisten. Er stünde frühestens im Sommer zur Verfügung. Zumal wahrscheinlich nicht mal Sammer die Frage beantworten kann, ob er wirklich noch einmal Trainer werden will oder doch lieber Sportdirektor bleibt. Als Sportlicher Leiter für die kommende Saison aber denkbar. Eventuell mit einem Trainer Thorsten Fink, der beim FC Basel erfolgreich arbeitet. Ein großes Problem: Sammers Engagement beim HSV scheiterte auch an seiner Forderung, Löwen-Sportdirekor Miki Stevic als Transferberater zu installieren. Beim FC Bayern wäre Stevic erst recht nicht zu vermitteln. Fraglich auch, ob der als stur geltende Sammer sich mit den Alphatieren in der Bayern-Führung arrangieren könnte.
Die internationale Lösung: Benitez, Rijkaard, Jol:
Arbeitslos und sofort verfügbar wären etwa Rafa Benitez (im Dezember bei Inter gefeuert) und Frank Rijkaard (zuletzt Barca und Galatasaray Istanbul). Beide gelten wie van Gaal als Freunde des offensiven Spiels, sind international erfahren und zumindest Rijkaard spricht passabel Deutsch. Allerdings soll der Niederländer bei Sporting Lissabon im Wort stehen.
Als nahezu perfekt gelten sogar die Deutschkenntnisse von Martin Jol. Im Laufe des Sonntags verdichteten sich die Hinweise, dass der Niederländer, nebenbei der letzte Trainer, der beim HSV Erfolg hatte, ein Favorit der Bayern-Führung sein könnte. Jol, bis Dezember 2010 Trainer bei Ajax Amsterdam, hat sogar eine Bayern-Vergangenheit, machte 1978/1979 an der Seite von Hoeneß und Rummenigge neun Bundesliga-Partien. Schon 2009 war er als Klinsmann-Nachfolger im Gespräch. Dass Jol derzeit in Spanien urlaubt, sollte kein Hinderungsgrund sein. Jol gilt als knorriger, bisweilen autoritärer, aber auch humorvoller, charmanter und umgänglicher Mensch. Starallüren sind ihm fremd.