Jetzt wirft Nagelsmann seine Pläne über den Haufen: Kimmich degradiert, Neuer zurück im Tor
Mainz - Die Frage ist: Hatte sich Julian Nagelsmann vor seinem ersten Auftritt als Bundestrainer im "Sportstudio" des ZDF vorgenommen, so viel von seinen Plänen mit Blick auf die Nationalelf und die Heim-EM im Sommer 2024 loszuwerden? Oder lag es am charmant-hartnäckigen Frage-Feuerwerk von Moderator Jochen Breyer, dass man am Ende der Sendung das Gerüst der EM-Elf stand. Außer er macht erneut eine Kehrtwende wie in so manchen Personalien seit seinen ersten Länderspielen im Oktober.
"Es ist ein unglaubliches Privileg, eine Heim-EM zu haben", sagte Nagelsmann und betonte: "Ich glaube, wenn wir im Eröffnungsspiel in München stehen, sollten wir erstmal Freude spüren über dieses Privileg." Damit man gegen Schottland am 14. Juni die perfekte Welle erwischt, um durch das EM zu sommermärchenisieren. Mit welchem Personal? Nagelsmann ließ tief blicken auf dem Mainzer Lerchenberg, was die einzelnen Baustellen betrifft.
Neuer oder ter Stegen: Wer steht bei der Nationalmannschaft im Tor?
Zum Comeback von Bayern-Kapitän Manuel Neuer sagte Nagelsmann, dass er "viel im Austausch mit ihm", stehe und "seine Leistung herausragend gut" findet. Doch wer hütet bei den EM-Testspielen am 23. März in Lyon gegen Vizeweltmeister Frankreich und am 26. März in Frankfurt gegen die Niederlande das Tor? Marc-André ter Stegen (31) vom FC Barcelona fällt nach einer Rückenoperation wohl mindestens zwei Monate aus. "Wenn alles so weitergeht, wie es aktuell den Anschein hat Richtung März, dann läuft es darauf hinaus", sagte Nagelsmann und erklärte seine Priorisierung: "Am Ende geht es im Fußball darum, gemeinschaftlich erfolgreich zu sein. Wenn im März einer der beiden klar besser ist als der andere, dann habe ich die Freude, aber auch das Leid Entscheidungen im positiven wie im negativen Sinne zu fällen."
Wo spielt Joshua Kimmich?
Nicht mehr als Sechser im Mittelfeld. Noch unter Ex-Bundestrainer Hansi Flick hatte der Bayern-Profi die Kapitänsbinde an Ilkay Gündogan abtreten müssen – und nun das. Der 28-Jährige wird wie so oft zurückversetzt auf die rechte Abwehrseite. "Durch eine kleine Anpassung, es ist keine 180-Grad-Wandlung, ist auch Josh ein Kandidat auf dieser Position", erklärte Nagelsmann. Er habe "natürlich" mit ihm darüber gesprochen, betonte der Bundestrainer: "Es wäre, glaube ich, nicht klug, mich hierhin zu setzen und (es) zu sagen, ohne ihn darüber zu informieren." Noch im November hatte Kimmich im zentralen Mittelfeld agiert – ohne Fortune.
Kehrt Real-Star Toni Kroos in die Nationalmannschaft zurück?
Dies sei "ein interessanter Gedanke", verriet Nagelsmann und meinte ausweichend: "Man muss sich ja über alle Spieler, die einen deutschen Pass haben, das ist ja glaube ich mein Job, Gedanken machen." Toni Kroos hatte seine DFB-Karriere nach dem Achtelfinal-Aus bei der EM 2021 und seinem 106. Länderspiel beendet. Antonio Rüdiger, Kroos‘ deutscher Teamkollege bei Real Madrid, löste zuletzt die Spekulationen um ein Comeback des 33-jährigen Weltmeisters von 2014 aus. Nagelsmann lobte den Real-Profi in den höchsten Tönen und sagte geheimnisvoll: "Ich glaube, jeder deutsche Fußballer sieht einen gewissen Reiz darin, eine Heim-EM zu spielen." Also: Kroos wird bei der Heim-EM Mittelfeld-Chef. Eine sensationelle Rückkehr und das nächste, zugegeben spannende Experiment.
Wie plant Julian mit Ilkay Gündogan?
Gibt Kroos den Sechser und rückt Kimmich nach rechts hinten, soll Gündogan (33) als Achter oder Zehner agieren. "Ich sehe Ilkay in der neuen Struktur eher eine Position weiter vorne, wo er auch die besten Spiele in Manchester gemacht hat", sagte Nagelsmann. Im Sommer war Gündogan von Triple-Sieger City zum FC Barcelona gewechselt und agiere dort "eher auf der Acht und wenig auf der Sechs", so Nagelsmann, "da hat er einfach ein bisschen mehr Freiheiten. Er ist ein Spieler mit großer Torgefahr und einem guten Gespür für Ballaktionen im Sechzehner."
Was wird aus Kai Havertz?
Das Experiment mit Offensivmann Kai Havertz, der bei den Tests im November gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2) zur Überraschung aller als linker Schienenspieler auflief, sei beendet. Nagelsmann: "Er hat nicht ganz hinten links gespielt. Aber das ist vorbei." Doch wohin mit Havertz angesichts der Offensivkräfte Sané, Wirtz und Musiala? Das blieb offen.